Künstler besucht Gesamtschule

Münchner Norden · Kreative Keimzelle

Kai Teschner vor der auf Leinwand aufgezogenen Fotografie seines Wandbildest.F.: ks

Kai Teschner vor der auf Leinwand aufgezogenen Fotografie seines Wandbildest.F.: ks

Münchner Norden · Er protestierte gegen das Atomkraftwerk Wackersdorf, war Hausbesetzer in Hamburg und malte Bilder in Namibia. Doch begonnen hat der Weg des freischaffenden Künstlers Kai Teschner im Harthof, an der Willy-Brandt-Gesamtschule.

Als er mit seiner Schulkarriere am Schwabinger Oskar-von-Miller-Gymnasium anfing, hätte keiner gedacht, dass er das Abitur überhaupt bestehen würde. »Zu hierarchisch« war ihm das neusprachliche Gymnasium.

Halt und die Chance, sich selbst zu verwirklichen, fand er erst an der Gesamtschule, die ihm auch Raum für seine Wandbilder gab. »Ich habe wegen des Kunst-Leistungskurses hierher gewechselt – aber natürlich auch, weil ich auf dem ›Oskar‹ jede Klassenstufe nur schwerlich gemeistert habe«, lacht Teschner bei einem Besuch der Gesamtschule am 28. Juli.

Trotz sich nähernden Sommerferien haben sich zahlreiche Schüler in der Cafeteria eingefunden und wollen wissen, wer der Mann ist, der 1981 mit gerade einmal 18 Jahren eine fünf mal zwei Meter hohe Marionette in die Aula malen durfte, immer protegiert von seinem ehemaligen Kunstlehrer Rolf Loibe. Die Wiedersehensfreude nach über 20 Jahren ist beim Treffen der beiden in der Schule dementsprechend groß. »Kai hat sich überhaupt nicht verändert, es ist, als läge keine Zeit dazwischen. Er war immer aktiv und politisch orientiert«, freut sich der ehemalige Lehrer.

Erst vor drei Jahren wurde Teschners Wandbild bei Renovierungsarbeiten übermalt. »Das Bild hing über 20 Jahre, meistens sind Wandbilder nach fünf Jahren spätestens weg«, erklärt er stolz.

München hat er bald verlassen, wollte die große weite Welt bereisen und vor allem eins: Kunst studieren. »In München hat es nicht geklappt, deshalb bin ich über Montpellier und Düsseldorf nach Hamburg gekommen«, erinnert Teschner sich. Seine Wandbilder, die er bis zum Studienbeginn so geliebt hatte, vergaß der stets politisch engagierte Teschner sehr schnell. Er wurde Hausbesetzer in der legendären Hamburger Hafenstraße. Doch Teschner fand zu seinen Bildern zurück. In der Hansestadt ist er geblieben – weil er sich dort freier fühle als in München. Trotzdem besucht er gerne seine Familie hier. An seine alte Schule kommt er immer wieder zurück: »Die Schuljahre waren toll. Ich konnte mich selbst einbringen, das Verhältnis war freundschaftlich.« Fast eineinhalb Stunden löchern ihn an diesem Montag Schüler und Lehrer zu seinen Arbeiten.

Die Bilder, die sich immer mit den Problemen der am dargestellten Ort lebenden Menschen beschäftigen, fesseln sie. »Kunst zu machen im öffentlichen Raum heißt für mich, Verantwortung zu übernehmen und Stellung zu beziehen«, meint er selbst über seine Arbeit. ks

Artikel vom 05.08.2008
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