Albrecht Ackerland über Brücken

München - „Da schau her“

Haben Sie sich einmal vorgestellt, wie unser Leben ohne die Isarbrücken aussähe? Eine ziemlich feuchte Angelegenheit wäre das! Ich wohne nun wirklich aus Überzeugung rechtsisarisch, aber manchmal hilft es nichts, ich muss rüber. Gibt ja auch weiß Gott schöne Ecken da auf der anderen Seite.

Gäbe es also die Reichenbachbrücke nicht, die Wittelsbacher oder gar die Brudermühlbrücke – wir bräuchten Wathosen und Amphibienfahrzeuge. An heißen Sommertagen wäre es zwar eine schöne Möglichkeit, etwa auf dem Weg zur Arbeit schon in der Früh eine Abkühlung zu bekommen. Leider aber sind solche Tage selten. Vom Winter gar nicht zu sprechen. Danken wir also jetzt erst einmal alle im Chor dem lieben Löwen-Heini, unserem Stadtgründer. Er war ein kluger Kopf, hatte Spaß am Leben und Fantasie. Eine Idee hatte er auch. Am nächsten Morgen hatte dafür der Freisinger Bischof sein Brückerl in Oberföhring nicht mehr. Jetzt konnte der Heini die Salzfuhren Richtung Augsburg über seine eigene Brücke leiten – und kräftig abkassieren. Hund warn’s eben schon immer, die Münchner. Die echten sind bis heute dazu immer noch Löwen. Das aber nur am Rande.

Ganz im Mittelpunkt jedenfalls stehen an diesem Wochenende unsere Brücken. Eine schöne Idee ist das, dort zu feiern. Ein Festerl für uns Münchner, das niemals nicht so groß werden soll wie das Altstadtringfest. Hoffen wir’s, dass das stimmt, denn so schön es auch gewesen sein mag, einmal die ganze Ringstraße ohne Autos zu haben, so voll war es auch. Lang habe ich es dort nicht ausgehalten, ich bin eher ein Freund der überschaubaren Menschenmenge. Dafür saß ich dann bis um halb zwei auf dem Viktualienmarkt. Und das sollte man viel öfters dürfen. Ein paar Maß Bier, eine Tanzlmusi spielt unverstärkt, das alles auf einem der schönsten Flecken Münchens: ein Traum. Ich fordere ein jährliches Sommerfest auf dem Markt – ohne großes Brimborium, dafür mit viel, viel Charme.

Ein bisserl mehr Halligalli als dort letztens spätnachts auf dem Markt wird schon los sein auf den Brücken. Aber ich bin mir sicher, dass sich auch dort ein schönes Platzerl finden lässt. Und wenn’s bei der Brudermühlbrücke ist: Sie gehört gar nicht offiziell zu den Feier-Brücken, bietet auch nicht die idealtypische altstädtische Brückenidylle – und genau das macht sie so interessant. Dort dürfen nämlich an diesem Wochenende die Graffiti-Maler ihre Kunst legal versprühen, was einfach immer wieder erfrischend ausschaut. Dazu gibt’s dann auch keine Tanzlmusi, dafür Dancehall-Musik aus Jamaika vom Plattenspieler, was auch noch immer für eine besondere Atmosphäre gesorgt hat. Das alles gehört eben auch unbedingt zu einer Großstadt – ganz besonders, wenn sie so alt ist wie die unserige.

Artikel vom 31.07.2008
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