Stadt München zufrieden mit Linux-Umstieg

München - Die Pinguin-Invasion

Der Linux-Pinguin hat München erobert, bis 2011 ist er in 80 Prozent der Rathaus-PCs zu Hause. Foto: clash

Der Linux-Pinguin hat München erobert, bis 2011 ist er in 80 Prozent der Rathaus-PCs zu Hause. Foto: clash

Vielleicht wird München als die Stadt mit dem Pinguin in die Geschichte der Kommunikation eingehen: Denn in der Computer-Fachwelt schlägt die an sich routinemäßige Aufrüstung der städtischen IT-Infrastruktur riesige Wellen.

Seit 2006 nehmen die ersten städtischen Rechner Abschied vom Microsoft-Betriebssystem Windows, bis 2011 soll auf 80 Prozent der 14.000 Computer das Open Source-System Linux laufen, das System mit Pinguin Tux als Maskottchen. In dieser Woche hat Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) eine erste Zwischenbilanz des 12,8 Millionen Euro teuren Vorzeige-Projekts gezogen.

„Ich hab’s auch hingekriegt!“ So antwortet die Bürgermeisterin auf die Frage, wie die Mitarbeiter der Stadtverwaltung mit der Umstellung auf Linux zurechtkämen. Dass Strobl mit den neuen Programmen umgehen kann, sei allerdings kein Kunststück, immerhin habe die Stadt viel Zeit und Geld in die Schulung ihrer Mitarbeiter investiert: „Manche Kollegen können das neue Betriebssystem völlig intuitiv bedienen, manche brauchen eine Fünftages-Schulung. Aber ernsthafte Probleme hat letztlich keiner damit“, bestätigt Peter Hofmann, Leiter des Münchner IT-Projekts.

Überhaupt habe die Stadt seit Projektbeginn versucht, allen Mitarbeitern die Scheu vor der Umstellung zu nehmen: „Zum Beispiel konnten wir es einrichten, dass die neue Benutzeroberfläche an die alte erinnert und ähnlich zu bedienen ist.“

Anfangs hatte die mit großem Getöse angekündigte Umstellung der Stadtverwaltungsrechner auf die stadteigene Linux-Version „LiMux“ eine Weile auf sich warten lassen, die IT-Strukturen seien komplexer gewesen als erwartet. Seit 2006 allerdings läuft alles nach Plan: Inzwischen sind 1.200 der 14.000 Arbeitsplätze auf das offene, kostenlose Betriebssystem, das Windows das Wasser reichen soll, umgestellt, in gut drei Jahren soll Windows in 80 Prozent aller Rechner nicht mehr fensterln können.

Probleme bei der Umstellung? „Keine nennenswerten“, sagt Hofmann. Die Standard-Software wie Schreib- und Rechenprogramme läuft einwandfrei. Nur für komplizierte Programme müssten Einzellösungen gefunden werden, das könne in Einzelfällen zur echten Herausforderung werden. Überhaupt vermeldet Hofmann lieber positive Nachrichten: Beispielsweise werde durch die Computer-Umstrukturierung die Münchner Wirtschaft gestärkt – „vier Millionen Euro wurden innerhalb des LiMux-Projekts bereits an kleinere und mittlere Firmen vergeben.“

Zudem sei man inzwischen nicht mehr nur von einem einzigen Hersteller abhängig und müsse keine Lizenzgebühren mehr bezahlen. Drei Millionen Euro würden auf diese Weise alleine in den kommenden fünf Jahren eingespart werden.

Auch habe man durch eine Vereinheitlichung von Computer-Formularen erreicht, dass in manchen Bereichen doppelte Arbeit vermieden wird. „Pro Jahr wird auf diese Weise die Arbeitsleistung von 80 Mitarbeiter eingespart, die an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt werden kann“, so Strobl.

Hätte aber diese unnötige doppelte Arbeit auch vermieden werden könne, wenn man bei den ehemaligen Windows-Rechnern etwas aufgeräumt hätte? „Ja, sicherlich“, räumt Frank Siebert ein, externer Berater des LiMux-Projekts. Strobl betont, dass man trotz allem nicht mit dem Weltkonzern Microsoft verfeindet sei, wie die Presse gerne behaupte – vor allem im Schulbereich würde die Stadt nach wie vor mit Windows arbeiten. „Und Microsoft versucht auch nicht, uns zu missionieren“, sagt sie.

Obwohl übrigens das LiMux-Projekt von der Fachwelt neugierig beäugt wird, beschreiten bislang nur wenige weitere Kommunen den Münchner Weg. Das aber könnte sich ändern: „Es gibt fast schon so etwas wie einen LiMux-Tourismus“, sagt Strobl stolz. Heuer hätten sich bereits rund 50 Vertreter anderer Kommunen persönlich bei der Stadt über Details des Projekts informiert.

Von Nadine Nöhmaier

Artikel vom 10.07.2008
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