Was wird aus dem Eisenbahnausbesserungswerk?

München - Mode oder Museum

Werner Lederer-Piloty (SPD), Bezirksausschuss-Chef in Schwabing-Freimann, würde es für „geschichtsdumm“ halten, das ehemalige Eisenbahnausbesserungswerk Freimann in einen Modetempel zu verwandeln. Foto: Florian Zick

Werner Lederer-Piloty (SPD), Bezirksausschuss-Chef in Schwabing-Freimann, würde es für „geschichtsdumm“ halten, das ehemalige Eisenbahnausbesserungswerk Freimann in einen Modetempel zu verwandeln. Foto: Florian Zick

Es könnte zu einem soziokulturellen Zentrum in Freimann werden, das ehemalige Eisenbahnausbesserungswerk. Der Bezirksausschuss Schwabing-Freimann (BA 12) kann sich vorstellen, der einstigen Lokhalle mit einem Performance-Art-Center, Funsport-Gelegenheiten oder gar einer Badeeinrichtung neues Leben einzuhauchen.

Doch der Eigentümer Vivico und der Projektentwickler Gerhard Dreyer haben für die Halle bereits andere Pläne: Auf dem Gelände soll ein Modegroßhandel entstehen. Ein Vorhaben, das im Bezirksausschuss auf massiven Widerstand stößt.

„Es kann nicht sein, dass hier wieder ein autistisches Moloch entsteht“, echauffierte sich BA-Chef Werner Lederer-Piloty (SPD). Er befürchtet ein stadtplanerisches Desaster. Dabei ist es weniger die Modebranche, die in Freimann keinen guten Stand hat, es geht vielmehr um die öffentliche Nutzung, die nach der derzeitigen Beschlussvorlage fast ausgeschlossen wäre. „Wir wollen kein Investment verhindern, aber 40.000 Quadratmeter und nur Mode, das muss nicht sein“, erläuterte Lederer-Piloty. Zumindest auf einem Drittel der Fläche solle für die Münchner auch eine attraktive Freizeitnutzung ermöglicht werden. Vor wenigen Jahren waren im Kunstpark Nord 30 Künstlerateliers geplant. Diese Idee ist zwischenzeitlich eingeschlafen, das Geld dafür aber immer noch vorhanden.

Einen erneuten Anlauf zur Umsetzung, diesmal auf dem alten Eisenbahnausbesserungswerk, hält der BA für möglich. Die Halle wurde in den 1930ern erbaut, die Architektur stammt vermutlich aus der Feder von Albert Speer. Während des Zweiten Weltkriegs diente sie als Außenstelle des Konzentrationslagers Dachau.

Gefangene mussten hier schwere Zwangsarbeit leisten. „Wenigstens eine Gedenkstätte müsste eingerichtet werden“, sagte Lederer-Piloty, vorstellbar sei auch ein Museum über die Rolle der Reichsbahn in Freimann. Mitte der 1990er-Jahre wurde in der Halle letztmals eine Lokomotive repariert, sie diente der Kino-Komödie „Rossini“ als Filmkulisse und steht heute unter Denkmalschutz.

Für Lederer-Piloty wäre es „geschichtsdumm“ die Halle ausschließlich für 750 Modefirmen zu öffnen. „Das ist eine regelrechte Kathedrale, von derartigen Industrie-Denkmälern hat München kein Zweites“, argumentierte der Bezirksausschuss-Vorsitzende.

Laut Projektentwickler Dreyer haben bereits genügend Fashion-Labels ihr Interesse bekundet, um dreiviertel der Halle zu füllen. Mit dem Mode- und Textil-Center (MTC) ist in unmittelbarer Nähe jedoch bereits ein ähnliches Mode-Schwergewicht beheimatet. Auch mit dem benachbarten Messe- und Orderzentrum MOC seien die Pläne nicht abgestimmt, so Lederer-Piloty. Zudem könne man den Freimannern so viel Verkehr nicht zumuten, wie Thomas Haninger (CSU) in der BA-Sitzung ergänzte, „vor allem, wenn für die Bürger dabei nichts herausspringt, das wird ja ein zweiter Frankfurter Ring!“

Erbost ist der BA auch über die Vorgehensweise des städtischen Planungsreferats. Ein Ende 2007 einberufener Runder Tisch zum Thema wurde abgesagt, zu einem Ersatzgespräch mit der Stadtbaurätin Elisabeth Merk sei es seitdem nicht gekommen. Pläne bezüglich der Perspektive Freimann, eine seit zehn Jahren bestehende Vision für die Stadtteilgestaltung, seien vom Planungsreferat damit durchkreuzt worden, erklärte Lederer-Piloty.

Bei einem Vorstoß im Stadtrat hat der Bezirksausschuss jedoch kürzlich erreicht, dass die Entscheidung über die Zukunft der Lokhalle von der Tagesordnung genommen wird. Sollte sich ein Investor für die Vorschläge des BA finden, könnte bis Ende des Jahres ein entsprechender vorhabenbezogener Bebauungsplan eingereicht werden, schätzte Lederer-Piloty.

Von Florian Zick

Artikel vom 19.06.2008
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