Albrecht Ackerland über EM-Touristen

München - „Da schau her“

Meine lieben Münchner: Wir müssen uns Sorgen um unsere Gabi machen! Um unsere Weishäuplin vom Fremdenverkehr, nein, Verzeihung, das heißt jetzt längst allerorts Amt für Tourismus. Also, die Gabi: Die Europameisterschaft läuft nun schon seit zwei Wochen und jetzt ist unserer lieben Gabi in einem Interview eingefallen, dass die Stadt von der Nähe zu den beiden EM-Ländern profitiert.

Sie kennen ja die Gabi, normalerweise ist ihr Kopf um Jahrzehnte voraus. Das gilt es wirklich zu würdigen. Unsere liebe Frau Doktor – eine Visionärin. Nicht im Sinne unseres Altkanzlers Schmidt, der Menschen mit Visionen zum Arzt schicken wollte. Die Gabi ist ein Profi in ihrem Beruf, keiner kann Bombast-Dirndl so tragen wie sie, keiner verkörpert die Ur-Münchner Mischung aus sympathischer Bodenständigkeit und Distanziertheit besser als sie.

Gut, ein jeder macht Fehler, nur ist jener gar so untypisch für unsere Tourismuschefin: Wie konnte sie erst jetzt erkennen, dass unsere schöne Stadt direkt an der Route zu den EM-Stätten liegt? Jetzt ist es freilich zu spät, um den Autobahnring zu sperren, damit auch wirklich jeder EM-Tourist auf seinem Weg nach Zürich oder Innsbruck oder Wien durch München muss und dabei erkennt, dass es mehr als lohnenswert sein könnte, hier Rast zu machen.

Aber auch ohne eine Gabi-Vision – nicht wenige machen wirklich Halt auf ihrem Weg. Vielleicht tun wir unserer Frau Doktor aber auch Unrecht. Vielleicht war ihr schon bei der Bekanntgabe der EM-Länder 2002 mehr als bewusst, was das auch für ihr München bedeutet.

Warum marktschreierisch auf die Pauke hauen, so wie es seit Jahren für den Stadtgeburtstag geschieht? Die Menschen werden es schon selbst merken auf ihrem Weg in die Alpen. Sie dachte sich also: Nach zwei Wochen EM verkünden wir, dass wir gemerkt haben, dass München beliebt ist, auf dass ein jeder merkt, dass wir mitdenken. Oder so ähnlich. Wozu all das? Der Frau-Doktor-Plan ist doch ganz klar: Sie will die WM 2010 und die EM 2012. Und zwar nicht nach Deutschland. München allein soll der Austragungsort werden, kommen dann tatsächlich noch 2018 die olympischen Sommerspiele dazu, dann soll uns das recht sein.

Wie das Ganze gehen soll? Südafrika hat’s mit der WM nicht im Kreuz, das weiß die Gabi, und Polen streitet schon längst mit der Ukraine wegen der nächsten EM, die sie ja beide ausrichten sollen. Und wenn sich zwei streiten, dann freut sich die Gabi.

Ich freue mich freilich auch: So können wir sicher sein, dass das Sechzger-Stadion so schnell nicht abgerissen wird, ist ja schließlich dann ein wichtiger Austragungsort. Danke, Frau Doktor! Jetzt schon!

Artikel vom 19.06.2008
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