EM: Schwabinger Boulevard wird „illegale“ Fanmeile

München - Die Leopodolskistraße

Da werden Erinnerungen an die WM 2006 wach: Auch zur Fußball-EM laufen die Münchner Bürger in schwarz-rot-geilen Kostümierungen durch die Straßen – in der Hoffnung auf ein neues Sommermärchen. Foto: nan

Da werden Erinnerungen an die WM 2006 wach: Auch zur Fußball-EM laufen die Münchner Bürger in schwarz-rot-geilen Kostümierungen durch die Straßen – in der Hoffnung auf ein neues Sommermärchen. Foto: nan

Alles scheint rund zu laufen in Fußball-München. Die Fans freuen sich über ihre Mannschaft, die Wirte über gute Umsätze – und auch die Polizei ist milde gestimmt: Obwohl es nämlich ordnungswidrig ist, die Leopoldstraße ungefragt in einen Partyboulevard zu verwandeln, drücken die Gesetzeshüter derzeit ein Auge zu und sperren die Strecke zwischen Siegestor und Münchner Freiheit ab, sobald Feierbedarf besteht.

Das dürfte die Fußball-Fans darüber hinwegtrösten, dass München die einzige Großstadt Deutschlands ohne offizielle EM-Fanmeile ist. Die Marschrichtung der Münchner Fußball-Fans am kommenden Montag ist klar: Sollte das deutsche Team gegen Österreich gewinnen, wird die hiesige Leopold- zur Leopodolski-Straße, werden Autos Flagge zeigen und die Münchner sich zu Tausenden in den Armen liegen.

Viele Bürger aber wissen nicht, dass es illegal ist, „die Leopoldstraße zu besetzen“, wie Peter Reichl, Sprecher der Münchner Polizei beklagt. „Es ist eine Ordnungswidrigkeit, weil es nicht genehmigt ist – die Fans nehmen es sich dennoch heraus, sie schaffen Fakten.“ Es wäre natürlich unverhältnismäßig, strikt dagegen vorzugehen und große Fan-Ansammlungen konsequent aufzulösen, so Reichl. „Daher sorgt die Polizei dafür, die anderen Verkehrsteilnehmer zu schützen, indem sie die Straße für kurze Zeit sperrt.“

Allgemein aber sei das Fan-Aufkommen bei weitem nicht so hoch wie zur WM, wie Klaus Kirchmann vom Kreisverwaltungsreferat (KVR) sagt. „Das liegt daran, dass München kein Austragungsort ist wie vor zwei Jahren – und dass eine WM vielleicht doch ein größeres Ereignis ist.“ Immerhin 8.000 Münchner haben sich dennoch nach dem Deutschland-Spiel am vergangenen Sonntag auf der Leopoldstraße versammelt; zur Fußball-WM allerdings waren bis zu 60.000 Fans auf der Schwabinger Party-Meile. Auch die Lindwurmstraße musste übrigens in der vergangenen Woche für kurze Zeit gesperrt werden – 300 Kroaten hatten dort den 1:0-Sieg ihrer Mannschaft gegen Österreich gefeiert. „Seit dem Erfolg der Türkei bei der EM 2000 feiern auch ausländische Bürger ausgelassen auf Münchens Straßen – das war früher nicht so“, sagt Reichl. „Auch zur aktuellen EM tragen viele Nationen die Freude an ihren Teams zur Schau.“

Die Polizei achtet darauf, dass die positive Stimmung nicht in Aggressivität umschlägt, was zu später Stunde vorkommen kann. Allgemein geht Reichl davon aus, dass die Euphorie – und damit die Anzahl feiernder Fans – im Laufe der EM noch ansteigt, sofern Deutschland ein oder zwei Runden weiter kommt. „Die Polizei ist jedenfalls darauf vorbereitet und kann bei Bedarf flexibel reagieren“. Flexibel gibt sich auch das KVR: Falls mehr Fans als bisher auf der Leopoldstraße feiern, könnten dort Bierflaschen verboten werden, so Kirchmann. So würden Scherben – und Verletzungen – vermieden.

Während übrigens 2006 Fanmeilen vom Weltfußball-Verband finanziell gefördert wurden, verlangt die UEFA in diesem Jahr kräftige Lizenzgebühren, wenn EM-Spiele öffentlich auf Großbildschirmen gezeigt werden. München ist allerdings die einzige Großstadt in Deutschland, die aus diesem Grund auf Public Viewing verzichtet; selbst – im Verhältnis zu München – kleinere Städte wie Augsburg lassen sich ihre Fanmeile einiges kosten. Die Münchner Olympiapark GmbH jedenfalls hatte mangels Sponsoren beschlossen, kein eigenes Fanfest anzubieten.

Münchens Wirte indes lassen sich bisher von der Gebührenforderung nicht beeindrucken: „98 Prozent der öffentlichen Vorführungen finden in einem nicht-kommerziellen Rahmen statt, das heißt: ohne Eintritt und ohne Werbung“, sagt Frank-Ulrich John, Sprecher des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands. Leider hätten dennoch einige Münchner Wirte Beitrags-Bescheide bekommen. „Es scheint, als hätte die UEFA eine andere Auffassung von ‚kommerziell’ als wir: Sie scheint Gaststätten, die mehr als 5.000 Sitzplätze haben, als kommerzielle EM-Vorführer zu betrachten – auch wenn sie keine Werbung zeigen. Wir haben eine andere Meinung.“ Die Stimmung unter den Wirten und ihren Gästen jedenfalls sei bestens, die Biergärten und Gaststätten mit Leinwand werden gut besucht. „Ein frühes Aus der deutschen Mannschaft wäre jedoch schlecht für die Umsätze“, sagt John mit einem Schmunzeln. „Aber die Mannschaft schlägt sich wacker, wir drücken weiter die Daumen.“ Von Nadine Nöhmaier

Artikel vom 12.06.2008
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