Geografie-Studenten aus dem Norden erkunden neugierig das Hasenbergl

Hasenbergl · Zwei Hamburger schauen genau hin

Ihre Arbeit im Münchner Norden hatte für sie manchmal auch einen Hauch von »Dolce Vita«: Martin Japs und seine Kommilitonin. Foto: em

Ihre Arbeit im Münchner Norden hatte für sie manchmal auch einen Hauch von »Dolce Vita«: Martin Japs und seine Kommilitonin. Foto: em

Hasenbergl · Kürzlich erreichte die Nord-Rundschau ein Anruf aus Hamburg. Dort befassen sich Geografie-Studenten zurzeit unter verschiedenen Aspekten mit der Stadt München. Zweien von ihnen, Martin Japs und seiner Kommilitonin, geht es besonders um das Hasenbergl. Sie wollen wissen, welche Entwicklung es seit der Teilnahme am Stadtentwicklungsprogramm »Soziale Stadt« genommen hat.

Nun kamen sie für eine Woche zusammen mit ihren Kommilitonen nach München – jeder wollte auf seinem Gebiet »vor Ort« recherchieren, mit Anwohnern und Experten vor Ort sprechen und eigene Eindrücke gewinnen. Das machte uns neugierig – und so trafen auch wir uns mit ihnen. Wir wollten wissen, mit welchen Erwartungen Hamburger Studenten ins Hasenbergl gekommen sind – und was ihre Eindrücke direkt vor Ort sind. Martin Japs hat auf diese Frage sofort ein strahlendes Lächeln auf den Lippen: »Also, alle anderen aus der München-Gruppe dachten ja, wir führen ins ›Ghetto‹. Jetzt sind sie jeden Abend überrascht, wenn wir ihnen erzählen, wie gut es uns gefällt!« »Wir hatten uns viel mehr richtige Großraumsiedlungen vorgestellt, mit finsteren Straßen dazwischen. Sicher hilft da jetzt auch das gute Wetter und der strahlende Sonnenschein, den wir erwischt haben – aber als Erstes hat uns überrascht, wie grün es hier ist. Und wie sauber – aber ich glaube, das ist generell typisch für München«, ergänzt seine Kommilitonin. »Unser Bild war auch von diesem Musical geprägt, ›Ghettokids‹. Als ich hier das erste Mal aus der U-Bahn stieg, habe ich auch gleich eine Gruppe Jugendlicher angesprochen, die da rumstand. Zuerst waren sie misstrauisch, dachten, ich wäre von der Polizei.

Nachdem ich sie mit meinem Studentenausweis überzeugen konnte, fingen sie an, zu erzählen. Einige waren Sinti und Roma, einige aus dem früheren Jugoslawien, einige mit türkischen Wurzeln. Gefrustet äußerten sie sich über die Schule – der Lehrer sei schon froh, wenn sie einfach nur anwesend seien während des Unterrichts«, berichtet Japs. Die Freizeit verbrächten sie gerne und viel im Hasenbergl, erzählten die Jugendlichen ihm. »Ehre« ist ihnen ein wichtiger Begriff, und so nennen sie sich selbst »Gettokids« – aber mit viel Stolz. Auch nach Gesprächen mit Praktikern der Stadtteilarbeit und Stadtteilpolitikern haben die beiden Hamburger Studenten den Eindruck, dass der Stadtteil viel lebenswerter sei als sein Ruf – besonders bei Münchnern, die ihn gar nicht kennen.

Gleich aufgefallen sind den Besuchern die attraktiven Neubauten. Doch diese »optischen Korrekturen«, sagen sie, sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass zum Beispiel die Übertrittsquote der Grundschüler aufs Gymnasium noch sehr gering sei – was sicher auch in Zusammenhang mit dem Migrationshintergrund vieler Schüler zu sehen ist. Besonders Japs plädiert vehement für Schulangebote, die nicht den Charakter einer »Pauk-Institution« haben, sondern aus der Schule einen attraktiven Lebensmittelpunkt für die Schüler machen – was unter anderem die Forderung nach mehr Ganztagsschulen bedeutet. Außerdem hat der Geografie-Student ein Gymnasium im Hasenbergl vermisst. Interessant, so ein verschärfter Blick von außen, auch für aktuelle Diskussionen. Eva Mäkler

Artikel vom 03.06.2008
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