Der Haidhauser Maibaum hat dieses Jahr sein Versteck im Klinikum Rechts der Isar gefunden

Haidhausen · Ein videoüberwachtes Stangerl im Krankenhaus

»Da schauts her«: Dr. Thomas Zimmermann (li.) und Andreas Micksch überzeugen sich auf dem Monitor davon, dass ihr Maibaum noch da ist.  Foto: ks

»Da schauts her«: Dr. Thomas Zimmermann (li.) und Andreas Micksch überzeugen sich auf dem Monitor davon, dass ihr Maibaum noch da ist. Foto: ks

Haidhausen · Was ist nur aus der guten alten bayerischen Kultur geworden? So etwas hat es ja in Haidhausen noch nie gegeben: Der Maibaum wird videoüberwacht. Nein, nicht auf dem Orleansplatz, sondern an einem geheimen Ort im Klinikum Rechts der Isar hat der Verein Freunde Haidhausen e.V. seinen Maibaum gebracht.

Auf die Idee den Baum im Krankenhaus zu deponieren, kam der Landtagsabgeordnete Dr. Thomas Zimmermann. »Ich dachte erst wir verstecken ihn im Landtag, aber das ging nicht. Die Mitarbeiter im Klinkum waren dagegen gleich Feuer und Flamme. Die sind da ganz Haidhauser und lassen sich den Baum nicht klauen.« Doch den Haidhausener Anzeiger können Andreas Micksch, Stellvertretender Vorsitzender des Vereins und Zimmermann nicht verwirren. Zehn Minuten lang führt man Eingeweihte durch die verschlungenen Gänge des Krankenhauses, um schließlich in einen Ladehof zu gelangen.

Dort liegt das Prachtstück von 25,25 Meter und wird gerade in blau-weißer Pracht bemalt. »Wir bemalen ihn rechtsumwickelt, damit es von allen Seiten wie eine Raute aussieht«, erklärt Micksch. Dafür hat sich der Bauleiter des Klinikums Wolfgang Dopfer wochenlang den Kopf zerbrochen und Pläne gezeichnet, damit auch alles ordnungsgemäß gemalt wird. Doch mit der Ordnung könnte es schon bald vorbei sein, denn die ersten Maibaum-Diebe wurden schon Rechts der Isar gesichtet. »Sie waren zu viert. Man kennt sich ja mittlerweile, aber leider konnten wir dieses Mal keine Gesichter erkennen«, sagt Micksch. Und das trotz Videoüberwachung durch einen Pförtner am Empfang.

Die Haidhauser sind gebrannte Kinder, wenn es um den Maibaum-Diebstahl geht, denn in den 90er-Jahren wurde ihnen das »Stangerl« aus der Hagerstraße geklaut. Der letzte Baum konnte vor fünf Jahren nur knapp durch Handauflegen von Micksch gerettet werden. »So um halb zwei Uhr nachts wurde ich unruhig und bin einfach mit dem Radl zur Brauerei gefahren, wo wir ihn versteckt hatten. Die ersten zwanzig Burschen standen draußen vor der Tür, drinnen standen weitere zwanzig Unterbrunner und waren dabei, den Baum aufzuladen«, erinnert sich Micksch zurück. Die Unterbrunner sind die Meister des Maibaum-Stehlens, der Baum vom Wiener Platz wäre ihr 50. geworden.

Dieses Jahr hilft die Videokamera weiter, denn die Freunde Haidhausens haben keinen eigenen Burschenverein, der die Bewachung traditionell übernehmen könnte. »Deshalb haben wir auch etwa 10.000 Euro Kosten. Wir müssen das Hobeln und die Bemalung bezahlen«, erklärt Micksch. Von Schafkopfen oder geselligen Bierrunden rund um den Baum fehlt also jede Spur, doch Miksch ist sich sicher: Wenn jemand den Baum stehlen möchte, wäre in spätestens zehn Minuten ein Mitglied des Vereins zur Stelle um »Hand aufzulegen«. Dann nämlich ist der Klau ungültig und die Mannschaft muss wieder abrücken.

Die 18 Schilder, die den Baum schmücken sollen, werden derzeit von einem Kirchenmaler restauriert. Am Donnerstag, 1. Mai, wird der Maibaum dann um 13 Uhr auf dem Wiener Platz aufgestellt. Bis dahin erhofft sich der Verein noch ein paar Spenden und einen Zuschuss vom örtlichen Bezirksausschuss Au-Haidhausen (BA 5). Natürlich sollte der Baum, der aus dem Truderinger Wald kommt, bis dahin auch nicht geklaut worden sein. Doch blöderweise öffnete sich beim Termin im Ladehof das Tor und ganz deutlich war das »Beauty-Logo« eines Ladens in der Ismaninger Straße zu sehen. Das bleibt auch der einzige Tipp des Haidhausener Anzeigers zum Geheimversteck des Maibaumes.

Doch selbst wenn sich das Tor »sesamartig« öffnen sollte: Dopfer hat im Inneren einen Holzpfahl, der bis zur Decke reicht, eingebaut. »Diesmal lassen wir uns den Baum nicht stehlen«, prognostiziert Micksch. Die Herzpatienten, die über die Gänge ganz in der Nähe des Verstecks transportiert werden, mögen hoffentlich keinen »Herzkasperl« kriegen, wenn sie erfahren, was aus ihrer guten alten bayerischen Maibaum-Tradition geworden ist. K. Schubert

Artikel vom 29.04.2008
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...