Domagkateliers »gerettet« – aber nur zu einem sehr kleinen Teil

Freimann · Das Idyll stirbt trotzdem

Sebastian Segl (links) und Matthias Bergemann von der Interessengemeinschaft Domagkateliers sind wie alle Künstler gespannt, wer gute und wer schlechte Nachrichten im Briefkasten hat.Foto: em

Sebastian Segl (links) und Matthias Bergemann von der Interessengemeinschaft Domagkateliers sind wie alle Künstler gespannt, wer gute und wer schlechte Nachrichten im Briefkasten hat.Foto: em

Freimann · Raten Sie mal: Welche Stadt in Europa beherbergt die größte Künstlerkolonie? Paris? London? Berlin? Falsch. Ganz falsch. Es ist München. Noch. Denn die Domagkateliers, Grund für die richtige Lösung, wird es in der jetzigen Form nicht mehr lange geben. Dabei würde München sich gerne feiern lassen – für den Erhalt der Künstlerkolonie.

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Doch was erhalten wird, ist vor allem ein großes Gebäude, das Haus Nummer 50. Es soll in Zukunft nach Angaben der Stadt rund 100 Ateliers beheimaten. Noch gibt es um die 350 Ateliers. Viele Künstler werden also in Zukunft keinen Platz mehr haben an der Domagkstraße. Was außerdem verloren geht, ist das besondere Flair der Kolonie, die Großzügigkeit des Geländes, der unterschiedliche Charakter der einzelnen Häuser, die »Dorfgemeinschaft« mit den vielen grünen Plätzen dazwischen, die zu unzähligen Freiluftaktionen und -festen eingeladen haben … attraktiv längst nicht nur für die Bewohner der Kolonie.

Genau diesen Aspekt habe die Stadt nie richtig genutzt, zum Beispiel in der Öffentlichkeitsarbeit, meint Peter Papst, Maler und Koloniebewohner, zur Münchener Nord-Rundschau: »Warum ist denn die viel kleinere »Cité des arts« in Paris weltweit bekannt und wir nicht?! Weil Paris den Wert der Künstler für die Stadt erkannt hat!«

In München zu bleiben, hält Papst für diejenigen, die nicht an der Domagkstraße bleiben können, für schwierig. »Die Mieten hier kann sich doch kein normaler Künstler leisten. Kein Wunder, wenn so viele nach Berlin oder Leipzig abwandern! In Berlin hat ein Freund von mir kürzlich innerhalb von drei Wochen auf dem freien Markt ein 105-Quadratmeter-Atelier in einem Fabrikgebäude gefunden, in der vierten Etage und mit hohen Räumen – ein Traum für jeden Künstler. Dort zahlt er jetzt fünf Euro Warmmiete pro Quadratmeter!« Dimensionen, von denen Münchner Künstler nur träumen können. Sie hoffen, dass ihre Warmmiete im Haus 50 nicht über zehn Euro steigen wird.

Dass sie die ehemalige Funkkaserne irgendwann wieder räumen müssten, damit mehr Wohnungen, Büros und soziale Einrichtungen gebaut werden können, haben die Künstler eigentlich immer gewusst. Doch in den inzwischen 15 Jahren der »Zwischennutzung« haben sie etwas Einmaliges aufgebaut – und dafür Ersatz zu finden, wird sehr schwer. »Dieses Idyll stirbt. Natürlich trauert man dem hinterher«, sagt dazu Sebastian Segl von der Interessengemeinschaft (IG) Domagkateliers. Die meisten in ihr organisierten Künstlergruppen haben jetzt eine gemeinnützige GmbH gegründet und versuchen, pragmatisch das Beste aus der gegebenen Situation zu machen. »Ein großes Problem stellt die Räumungsfrist dar.

In diesen Tagen erfahren die Künstler, ob sie im Haus 50 unterkommen werden. Denjenigen, die nicht dabei sind, bleiben dann etwa zwei Monate, um etwas Neues zu finden – das ist unrealistisch!« sagt Matthias Bergemann, ebenfalls in IG und neuer GmbH aktiv. Er versucht auch, zusammen mit anderen »Art.genossen«, einer Untergruppierung der »Wagnis«-Genossenschaft, mindestens ein weiteres Gebäude selbst zu übernehmen. Damit das Idyll doch nicht ganz stirbt. Eva Mäkler

Artikel vom 29.04.2008
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