München - „Da schau her“

Während Sie diese Zeilen lesen, bin ich auf der Wiesn. An diesem einen Samstag im Frühling finde ich die Wiesn am allerbesten. So sehr ich diesen Platz unterhalb unserer Bavaria in den letzten Septemberwochen auch liebe: der Frühlingsfest-Flohmarkt ist so münchnerisch, da hat das Oktoberfest keine Chance.

Mag ja sein, dass du auf der Herbstwiesn viele liebe betrunkene Menschen triffst, die du schon lange, mindestens seit dem vorherigen Oktoberfest, nicht mehr getroffen hast. Noch viel mehr liebe Menschen finden sich aber auf dem wunderbaren Wiesnflohmarkt ein. Ganz besonders angenehm ist: Sie sind nicht betrunken.

Wenn langsam der Kaffee in der Thermoskanne lau wird und die Lufttemperatur auch, wenn die Sonne hinter den Frauentürmen aufgeht und es richtig zu wuseln beginnt in aller Herrgottsfrüh, wenn der erste Klodeckel verkauft und die erste leichte Müdigkeit einsetzt, weil du schließlich um halb vier aufgestanden bist, dann weißt du einmal mehr, warum wir diese Stadt so lieben.

Wer den Wiesnflohmarkt nicht kennt, der weiß nicht, wie die Stadt wirklich tickt. Die Publikumsmischung aus alten Mutterln, jungen Familien, aus Partyvolk, das direkt aus den Clubs hierherkommt, aus Feilschern und Sonnenbrillenschickis und Sammlern und Stenzen: Diese Mischung ist München.

Jedes Jahr denke ich mir aufs Neue, einen Klodeckel extra solltest du dir kaufen, als Dank, dass das Tourismusamt diesen herrlichen Fleck Erde noch nicht für seine Zwecke entdeckt hat. Wahrscheinlich aber würde ein Weishäuplischer Rundgang trotz Hossassa und Rammtammtamm ohnehin untergehen in der so wunderschönen Unordnung. Ein Prost auf das letzte wohlige Chaos in unserer Stadt. Und doch: Wenn erst einmal Broschüren herauskommen mit hausgemachter Langeweile in Sprüchen wie „Hier findet jeder Topf seinen Deckel!“, umrandet von einer lustigen Klobrille, dann, Herr, lass’ Regen fallen!

Artikel vom 10.04.2008
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