Vogelwild! Münchner durch Amselkonzerte gestört

München - Tierisch: Gesangsstreit!

Sieht harmlos aus, kann aber lärmen.  Foto: Archiv

Sieht harmlos aus, kann aber lärmen. Foto: Archiv

München - „Veronika, der Lenz ist da, die Vögel singen tralala“: Gerne wird auch in München die Frühlingshymne der „Comedian Harmonists“ gehört, das Original-Gezwitscher von Amsel, Drossel, Fink und Star vor ihrem Schlafzimmerfenster aber würden einige Stadtmenschen am liebsten abstellen.

„Viele Bewohner vor allem des Münchner Zentrums bekommen nachts kein Auge zu, wenn vor ihrem Fenster eine Amsel singt – sie sind das schlicht nicht gewöhnt“, sagt Heinz Sedlmeier vom Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV). „Tatsächlich scheint sie der Straßenlärm weniger zu stören als Vogelgesang.“ Fünf bis zehn Münchner pro Jahr würden sich bei Sedlmeier deswegen beklagen, und es könnten mehr werden: Denn immer mehr Vögel starten zu immer unchristlicheren Zeiten mit ihrem Pfeifkonzert.

Zahlreiche Amseln und Kohlmeisen haben in den vergangenen Jahren einen Wohnsitz in der Stadt bezogen: Insgesamt 116 Brutvogelarten gibt es derzeit in München, im dreimal so großen Umland hingegen nur rund hundert. „Dass viele Vögel zu Stadtbewohnern wurden, liegt daran, dass hier inzwischen 60, 70, 80 Jahre alte Bäume wachsen – das war früher nicht der Fall. Vögel schätzen deren abgeplatzte Rinden, und sie mögen auch die Insekten, die in älteren Bäumen leben.“

Auch ansonsten sei das Stadtleben attraktiv für Vögel: Sie werden oft gefüttert, finden gute Nistplätze beispielsweise an Hochhäusern oder in Parks – und auch die Isar im Bereich des Englischen Gartens bietet beste Lebensbedingungen. Eine Besonderheit birgt auch der Ackermannbogen: Inmitten des neuen Startquartiers gibt es ein Naturidyll – ein Überbleibsel der ehemals riesigen Heidelandschaft des Oberwiesenfeldes. Hier leben Grünspechte, „eine Rarität“, wie Sedlmeier informiert.

Gründe dafür, dass diese und andere Singvögel teilweise mitten in der Nacht aktiv werden, seien laut Sedlmeier im Verkehrslärm zu suchen: „Die Vögel weichen aus, um sich Gehör zu verschaffen“, sagt er. „Daher singen sie, wenn es ruhiger ist in der Stadt: nachts.“

Wolfgang Fiedler vom Max-Planck-Institut für Ornithologie hingegen ist überzeugt, dass Münchens Vögel wegen der so genannten Lichtverschmutzung ihre Paarungslieder zu eigentlich untypischen Zeiten trällern. Da es nie richtig dunkel sei in der Stadt, sei die innere Uhr der Vögel durcheinander, sagte er in einem Interview.

Was aber können die Münchner unternehmen, wenn ihnen der Vogelgesang den Schlaf raubt? „Ich versuche, den Betroffenen zu erklären, was da vor ihren Schlafzimmerfenstern los ist. Wenn sie erfahren, dass die Amsel vor ihrem Fenster um ein Weibchen wirbt – dann haben sie oft mehr Verständnis für den Gesang und gewöhnen sich letztlich auch daran“, so Sedlmeier.

Artikel vom 03.04.2008
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