Stadtrat entscheidet am 9. April, ob die Münchner am 13. April zu den Urnen gerufen werden

München · Transrapid: Bürgerentscheid noch nicht abgesagt

Die DB Magnetbahn GmbH kann wieder einpacken – Bund und Freistaat sind nicht bereit, die Kostenexplosion für den Bau des Transrapids zu tragen. Foto: Archiv

Die DB Magnetbahn GmbH kann wieder einpacken – Bund und Freistaat sind nicht bereit, die Kostenexplosion für den Bau des Transrapids zu tragen. Foto: Archiv

München · Die Zeche zahlt der Bürger – bis zum bitteren Ende. Oder auch bis zum glücklichen Ende, je nachdem, ob man für oder gegen den Transrapid war und ist. Im Moment sieht es so aus, als sei das Projekt gestorben. Für Monika Barzen, Vorsitzende des Aktionskreises contra Transrapid, jedoch kein Grund, weniger aufmerksam zu werden: So lange der Antrag auf Planfeststellung nicht zurückgenommen werde, sei der Transrapid noch nicht beerdigt.

In der Zwischenzeit steht ein Bürgerentscheid aus. In anderthalb Wochen – am Sonntag, 13. April – sind die Münchner Wähler aufgefordert, dem Münchner Stadtrat den Auftrag zu erteilen, alle rechtlichen Möglichkeiten gegen die geplante Transrapid-Verbindung vom Hauptbahnhof zum Flughafen München zu ergreifen, »insbesondere Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss und gegen ein finanzielles Engagement der Flughafengesellschaft« zu erheben.

Beides entfällt natürlich, wenn das Eisenbahnbundesamt (EBA) das Planfeststellungsverfahren einstellt. Möglich wäre das, allerdings ist noch völlig offen, ob das EBA so entscheidet. »Das Verfahren muss formal zu Ende gebracht werden«, erklärt EBA-Sprecherin Bettina Baader.

Wann und wie das geschieht, stehe allerdings noch in den Sternen, denn eine Alternative zur Einstellung des Verfahrens wäre die Rücknahme des Antrags durch die DB Magnetbahn GmbH. Diese habe jedoch über das weitere Vorgehen noch nicht entschieden, wie Sprecher Ulrich Krenn betont. »Über eine mögliche Rücknahme der Anträge für die fünf Abschnitte beraten wir uns noch«, erklärte er auf unsere Nachfrage hin.

Die Situation ist also völlig unentschieden und wird noch schwammiger, wenn man den CSU-internen Streit über das überstürzte Ende der Magnetbahn sieht. Dass jedoch die seit letzter Woche fehlenden 1,55 Milliarden Euro, um die sich das Projekt verteuert hat, noch irgendwo aufgetrieben werden, ist extrem unwahrscheinlich – und damit ist steht der Transrapid, noch bevor er losgefahren ist.

Dafür muss allerdings woanders Geld »aufgetrieben« werden – nämlich im Kreisverwaltungsreferat (KVR). Dieses ist nämlich für die Organisation des Bürgerentscheids am 13. April zuständig. Und wenn auch der Betrag, den das demokratische Instrument verschlingt, im Vergleich zu den Kosten des Transrapid geradezu verschwindend gering ist, so heißt es doch, dass die Münchner Steuerzahler 560.000 Euro in den Urnengang investieren müssen.

Auf diese Höhe beziffert KVR-Sprecher Christopher Habl die Kosten für den Bürgerentscheid. 400.000 Euro seien bereits ausgegeben. Die Wahlbenachrichtigungen sind rausgeschickt, die Stimmzettel gedruckt, anderweitige Vorbereitungen getroffen – »das Geld sehen wir nicht wieder«, bestätigt Habl. Womit sich die ausstehenden Kosten für den Entscheid auf 160.000 Euro reduzieren.

Auch dieses Geld würde Monika Barzen gerne einsparen, doch sie hat es nicht in der Hand. Antragsteller des Bürgerbegehrens (das eigentlich ein Ratsbegehren ist) ist nämlich der Stadtrat der Landeshauptstadt. So hat es das Plenum am 19. Dezember 2007 beschlossen.

Das Ratsbegehren könnte noch bis kurz vor dem 13. April abgesagt werden. Hier müsste allerdings der Stadtrat die Initiative ergreifen. Bis Montagnachmittag war noch keine Entscheidung darüber gefallen. Vielmehr meldete das Rathaus die Einberufung einer Stadtrats-Sondervollversammlung am Mittwoch, 9. April, um das Thema zu behandeln.

Grundsätzlich wäre es dem SPD-Stadtrat Alexander Reissl am liebsten, wenn die DB Magnetbahn GmbH ihre Anträge auf Planfeststellung zurückziehen würde. Doch die wartet erst mal ab – genauso wie der Stadtrat. Der ist nämlich misstrauisch. Bislang gebe es »lediglich die politischen Absichtserklärungen von Bundes- und Staatsregierung, das Transrapid-Projekt nicht weiter verfolgen zu wollen«, betont Oberbürgermeister Christian Ude.

»Rechtlich entscheidend ist aber einzig und allein, ob die Magnetbahngesellschaft im nach wie vor laufenden Planfeststellungsverfahren ihren Antrag zurücknimmt. Ein positiver Planfeststellungsbeschluss wäre zehn Jahre rechtsgültig.« Damit schiebt Ude der DB Magnetbahn GmbH den schwarzen Peter zu. Die hat allerdings mehr Zeit und lässt sich nicht unter Druck setzen – und das macht den Bürgerentscheid sehr wahrscheinlich.

Vom rechtlichen Standpunkt her handelt es sich dabei jedoch um ein fragwürdiges Instrument. Das Ergebnis ist nämlich nur für den Stadtrat bindend und der hat es auf den Weg gebracht, wird es deshalb kaum stoppen.

»Aber es gibt auch eine politische Seite«, argumentiert Reissl, der sich von der Unterstützung durch die Münchner Bürger einen Schub für die Haltung des Stadtrats gegen die Magnetbahn erhofft. Die jedoch, so befürchtet Barzen, werden ihre Teilnahme an dem Begehren als überflüssig erachten, da der Transrapid ohnehin nicht gebaut werde. Sollten allerdings weniger als zehn Prozent der Wahlberechtigten in München an dem Ratsbegehren teilnehmen, gilt dieses als gescheitert – und das wäre eine bittere Niederlage für den Stadtrat.

Neben dem Bürgerbegehren gibt es noch das Volksbegehren, zu dem alle bayerischen Wähler aufgerufen sind. Nachdem die Staatsregierung allerdings bereits im Januar erklärt hatte, das Volksbegehren sei unzulässig, muss nun der Bayerische Verfassungsgerichtshof über die Zulässigkeit entscheiden. Die Verkündung der Entscheidung hat das Gericht für Freitag, 4. April, angekündigt.

Aber auch das wird für die Transrapidgegner noch nicht der Schlusspfiff sein. Erst wenn das Planfeststellungsverfahren eingestellt ist, löst sich die Anspannung. Ob es nun ein heldenhafter Kampf gegen staatliche Willkür war oder die Verhinderung einer fortschrittlichen Technologie aus dem Wissenschaftsstandort Deutschland – das kann man jetzt noch längst nicht sagen.

Carsten Clever-Rott

Artikel vom 02.04.2008
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