Albrecht Ackerland über Ostern

München - „Da schau her“

Hinter uns liegt die anstrengendste Woche im Jahreslauf des gemeinen Christen: Vergangenen Sonntag die Freude über den Einzug Jesu samt Palmwedel, am Donnerstag das letzte Abendmahl, am Freitag die Kreuzigung, am heutigen Samstag die Bestattung. Heute Nacht wenig Schlaf, am Sonntagmorgen fängt die Osternacht schon sehr früh an.

Allein schon die Begriffsklärung belastet: Nacht am Morgen? Aber lassen wir das.

Der Christ hat viel zu tun in der Karwoche, er muss fasten, in die Kirche gehen, stundenlange Messen mit Orgelspiel in Moll durchhalten.

Ich weiß das aus eigener Erfahrung. Dass diese schon ein paar Jahrzehnte alt ist, tut nichts zur Sache. Es war die schwerste Zeit in meinem Leben als junger katholischer Ministrant. Ebenfalls schmerzlich war die schwer verdauliche Forelle am Karfreitag, die mich auch während der nachmittäglichen Messe noch unterhalten hat. Eine Grenzerfahrung: Viel Weihrauch, ein fahler Fischgeschmack, der sich einfach nicht aus dem Mund verabschieden wollte, das Ganze freilich auf Knien zum disharmonischen Klagegesang der Gemeinde – so ist meine Erinnerung an die Vorosterzeit. Kein Spaß, das. Erheiterung fand ich damals schließlich doch noch, an Ostern selbst, es gab Eier in Massen, die für sich zwar auch schwer verdaulich waren, aber immerhin in Farbe. Und eine klagende Großfamilie, die spätestens am Nachmittag ihre gemeinsamen Magenprobleme feierte.

So etwas unterhält einen Knaben. Und wenn das immer noch nicht genug war, versteckte er, also in diesem Fall ich, ein paar der kostbaren Eier so gut, auf dass sie über Jahre nicht mehr gefunden wurden, teils bis heute nicht. Mittlerweile hoffe ich, dass das so bleiben möge. Ein Ei, das über Jahrzehnte in stabiler Farbschale vor sich hin fault und heute geöffnet würde? Ein Einsatz der ABC-Einheit der Bundeswehr wäre sicher! Und die Schlagzeile „Giftgas-Terror am höchsten Festtag der Christen – al-Qaida, jetzt reicht’s!“, möchte ich uns allen ersparen.

Weil aber keiner weiß, wie die Welt in dreißig Jahren aussieht, und wir vielleicht ein wenig galgenhumorige Unterhaltung bitter nötig haben könnten, verstecke ich morgen ein Ei. Auf dass es so schnell keiner finden möge. Das ist mein festliches Ende einer anstrengenden Woche, fast noch festlicher als ein Kirchenbesuch. Frohe Ostern!

Artikel vom 20.03.2008
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