So verändert die Kulturgipfel GmbH die Münchner Kulturlandschaft

München – Zwischen Unterhaltung und Anspruch

Manchmal muss man was ganz anderes machen: Das Team der Kulturgipfel GmbH mit Jochen Gnauert (re.) und Hilmar Körzinger (3. v. re.). Foto: cr

Manchmal muss man was ganz anderes machen: Das Team der Kulturgipfel GmbH mit Jochen Gnauert (re.) und Hilmar Körzinger (3. v. re.). Foto: cr

München – Kann man als Veranstalter mit Kultur auch Geld verdienen? Wer im Museum steht oder im Konzertsaal der Zauberflöte lauscht, macht sich darüber keine Gedanken. Wenn allerdings die öffentliche Hand ihren Kulturetat zusammenstreicht und dann das Wehklagen der betroffenen Kulturschaffenden einsetzt, erweckt das bei Otto Normalverbraucher den Eindruck: Kultur muss wohl subventioniert werden.

„Stimmt nicht“, sagt Jochen Gnauert. Als einer der beiden Geschäftsführer des Münchner Veranstalters Kulturgipfel GmbH kann er die eingangs aufgestellte These mit „ja“ beantworten. Schließlich können er und sein Partner Hilmar Körzinger sowie das gesamte Kulturgipfel-Team mit der Organisation von überwiegend klassischen Konzerten seit fünf Jahren von ihrer Arbeit leben – und das zunehmend erfolgreicher. Hat das Unternehmen ganz klein angefangen, so realisieren die zwölf Kultur-Spezialisten inzwischen bundesweit rund 250 Veranstaltungen pro Jahr. In München sind vor allem die Nymphenburger Schlosskonzerte, die Münchner Residenzkonzerte oder die Reihe Klassik auf Schloss Schleißheim beliebt. Aber auch der Gasteig und die Seebühne im Westpark werden regelmäßig bespielt. Weitere Veranstaltungsorte reichen von Berlin über Wiesbaden und Koblenz bis nach Stuttgart.

Wirtschaftlichkeit und höchste Qualität Die Frage, warum Kulturgipfel mit seinem Konzept wirtschaftlich arbeiten kann, wenn es etablierte staatliche und kommunale Einrichtungen nicht können, ist leicht beantwortet: „Wir haben nicht explizit den Bildungsauftrag und können unsere Programme entsprechend freier gestalten“, erklärt Gnauert. Also „Kultur light“ nach dem Discount-Prinzip? Keineswegs. Gnauert formuliert den Anspruch, den sich die Kulturgipfel GmbH für ihre Arbeit stellt: „Wirtschaftlichkeit, höchste künstlerische Qualität und ausgeprägte Dienstleistungsmentalität müssen bei uns Hand in Hand gehen!“

Ein schwieriger Spagat, den „wir auch nie alleine schaffen, sondern immer nur gemeinsam mit unseren zahlreichen Partnern, zu denen wir enge Kontakte pflegen.“ Ein Wirtschaftsunternehmen muss aber auch immer den Markt beobachten und zielgruppenorientiert arbeiten. Ob Handyanbieter, Autobauer oder Kulturdienstleister: Wer am Markt vorbeiproduziert, wird nicht lange überleben. „Wir nehmen die Wünsche unserer Besucher sehr ernst. Sie sollen nach jedem Konzert zufrieden und entspannt nach Hause gehen können“, so Jochen Gnauert.

Die Konzertbesucher sind für Kulturgipfel eben jener Markt, für den der Münchner Veranstalter arbeitet. Sie bewerten bewusst und unbewusst die unterschiedlichen Faktoren und können daran subjektiv ermessen, ob eine Veranstaltung gelungen war oder nicht. Daher setzt der Konzertveranstalter alles daran, die „Kunden“ gerade in den Details zu überzeugen. „Uns ist es wichtig, Schwellenangst vor klassischer Musik abbauen zu helfen und die eigene Leidenschaft für diese herrliche Musik weiterzugeben. Wir wollen Lust machen auf Klassik“, meint Gnauert.

Leger und trotzdem anspruchsvoll Das betrifft in erster Linie die Art der Präsentation. Die hochseriöse und ernsthafte Inszenierung, bei der Abendgarderobe und drei Stunden Stillsitzen verlangt werden, ist nicht mehr so gefragt wie in früheren Jahren. Kultur ist leger geworden, ohne ihren Anspruch zu verlieren. Kultur und Entertainment sind wie ein Paar, das sich auseinandergelebt hat. Kulturgipfel zeigt, wie viele Gemeinsamkeiten beide doch haben. Ein Tenor, der mit Schürze und Kochmütze auf der Bühne neben dem Flügel ein Tiramisu zubereitet und dabei das Publikum miteinbezieht – das kommt an. Und wenn er nicht den Schneebesen schwingt, dann beweist er seine sängerischen Qualitäten, für die er in erster Linie engagiert wurde, und interpretiert Rossini-Arien mit einer ebenso klaren wie kraftvollen Stimme. Ebenso sind die meisten Kulturgipfel-Konzerte moderiert, erfahren die Besucher also unterhaltende und erhellende Informationen zu der Musik und den Künstlern. „Gerade davon sind die Besucher besonders begeistert und haben noch mehr Freude an der Musik.“ Musik muss also nicht nur etwas für Spezialisten sein.

„Weiche“, aber ebenso ausschlaggebende Faktoren sind die Wahl der Veranstaltungsorte, die Vorbereitung des Teams – auch hinsichtlich der Kleidung – und die Möglichkeit, den Besuchern Platz für Geselligkeit und Gespräche einzuräumen; untereinander und mit dem Veranstalter. Gerne werden auch die meist historischen Orte mit Fackelschein illuminiert und die Konzerte zum Beispiel mit Literatur verbunden. So wird ein Konzert zum Gesamtkonzept. Eine MozartNacht auf Schloss Schleißheim, da merkt selbst der Laie: das funktioniert. Dagegen wäre zum Beispiel der funktional gestaltete Carl-Orff-Saal im Gasteig für romantische Schmuse-Klassik nicht denkbar, wohl aber wieder für andere Themen. Lob und Tadel von den „Verbrauchern“ Wie es den Besuchern gefallen hat, können sie auf eigens dafür ausgelegten Antwort-Karten vermerken. „Wir bekommen oft positive Resonanz, aber freuen uns auch über kritische Töne“, berichtet Gnauert und ist darüber keineswegs unglücklich. Im Gegenteil: „Man muss dicht am Besucher bleiben, die Bedürfnisse ernstnehmen.“ Kritik gibt den Kulturgipfel-Mitarbeitern die Gelegenheit, sich zu verbessern.

Was kaum noch besser geht, ist die Preisgestaltung. Die preiswerten Kategorien beginnen zum Teil schon bei 20 Euro. Doch wie die Erfahrung zeigt, geht es den Menschen nicht um ein „billiges Vergnügen“. Sie sind durchaus bereit für bessere Plätze entsprechend mehr Geld auszugeben. Gnauert: „In der Regel sind die besten Kategorien zuerst ausverkauft.“ Damit beweist Kulturgipfel zugleich die Tauglichkeit seines Konzepts, das hinsichtlich der künstlerischen Leistung zu keinen Kompromissen bereit ist.

Die Suche nach den Künstlern, ob Sänger oder Musiker, ist damit zugleich Chefsache bei Kulturgipfel. „Die Besucher wollen keine mittelgute Stimme hören“, erklärt Jochen Gnauert, der Künstler in ganz Deutschland castet und dann unter Vertrag nimmt. Wenn jemand nicht den Qualitätsanspruch von Kulturgipfel erfüllt, dann sagt Gnauert das auch: „Da bin ich ein Freund von klaren Worten.“ Gut, das ist Dieter Bohlen auch. Aber eine ablehnende Bewertung von Kulturgipfel soll ja nicht dem Amüsement von „Jury“ oder Allgemeinheit dienen, sondern in erster Linie der Entwicklung des Künstlers. Deswegen ist die Kritik dann auch sachlich und konstruktiv. Eine Maxime des Konzertveranstalters lautet: „Behandle dein Gegenüber so wie du selbst gerne behandelt werden möchtest.“ Das gilt besonders wiederum für die Besucher, jedoch hat das gesamte Team jeden Tag auch mit Kulturgipfel-Partnern zu tun. Die Bereiche Marketing, Vertrieb, Öffentlichkeitsarbeit Veranstaltungsorganisation und Grafik beherzigen die Philosophie des Unternehmens – eine wichtige Säule des Erfolgs.

Diesen Weg wird die Kulturgipfel GmbH auch in Zukunft gehen und das Münchner Kulturleben mit attraktiven und interessanten Veranstaltungen bereichern – schon am Samstag, 8. März, ab 19.30 Uhr auf Schloss Nymphenburg mit „Casanovas Tagebüchern“ und „Don Giovanni“.

Artikel vom 06.03.2008
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