Garchinger wollen die Geothermie schon – aber wohl eher nach der Wahl

Garching · Eher »nicht jetzt« als »nein«

Bevor die Garchinger Stadtratsfraktionen dem Geothermie-Projekt zustimmen, müssen noch einige strittige Punkte geklärt werden.	Foto: Claus Schunk

Bevor die Garchinger Stadtratsfraktionen dem Geothermie-Projekt zustimmen, müssen noch einige strittige Punkte geklärt werden. Foto: Claus Schunk

Garching · »Salami-Taktik« wirft Peter Riedl von den »Unabhängigen Garchingern« der Stadtspitze vor: Aus einem Geothermie-Projekt, das nach wie vor alle Parteien wollten, sei inzwischen ein undurchschaubares Vertragswerk geworden, aus dem die Stadt 20 Jahre lang nicht herauskommen könne.

Geothermie in Garching

Die Einzelheiten dieses Vertrages seien den Stadträten nach wie vor nicht vollständig bekannt. Doch je mehr bekannt werde, desto stutziger werde er. »Wir brauchen ein Vetorecht gegenüber AR Recycling als Holzlieferanten! Wie viele Hölzer werden verbrannt und welche – das kontrolliert der Geschäftsführer und nicht die Stadt Garching. Bei Nichteinhaltung der vereinbarten Holzklassen und daraus folgenden giftigen Emissionen können wir uns nicht wehren«, behauptet Riedl gegenüber der Münchener Nord-Rundschau.

Ins selbe Horn bläst Hannelore Gabor von der CSU. Sie ist der Meinung, dass AR Recycling auch mit giftigen Stoffen behandeltes Holz der Schadstoffklassen »A3« und »A4« verbrennen könne, obwohl der Vorvertrag klar beschreibe, dass nur die unbedenklichen Klassen »A1« und »A2« verwendet werden dürften. Ihre Argumentation: »Jetzt will AR Recycling nur A1 und A2 verwenden. Doch was, wenn Holz dieser Klassen knapp wird? Ich habe mich bei der Regierung von Oberbayern erkundigt – wenn AR Recycling entsprechende Filter einbaut, muss die Regierung von Oberbayern auf einen entsprechenden Antrag hin auch die Verbrennung von A3 und A4 genehmigen. Durch die Filter würden dann zwar Emissions-Grenzwerte eingehalten – doch die Belastung wäre sicher höher, und belastet sind die Gemeinden im Münchner Norden doch nun wirklich schon genug.«

»Solche Verträge werden üblicherweise von Anwälten ausgehandelt und nicht von allen Stadträten gemeinsam«, antwortet Dr. Götz Braun (SPD) auf den Vorwurf der mangelhaften Informationspolitik und vermutet, dass der SPD-geführten Stadtspitze vor den Kommunalwahlen von den anderen Parteien kein erfolgreicher Abschluss des Projekts gegönnt werde. Im weiteren Gespräch räumt er allerdings ein, dass die Verhandlungen nicht immer einfach gewesen seien und daher der Eindruck einer »Salami-Taktik« habe entstehen können. »Zunächst war nur klar, dass es für ein Erdwärme-Projekt einer Zusatzheizung bedarf.

Die nächstliegende Idee war, das System einfach an das Gasnetz anzuschließen. Doch dann kam das Projektteam mit Hilfe des Bayerischen Zentrums für Angewandte Energieforschung (ZAE) auf die innovativere und auf längere Sicht wirtschaftlichere Biomassen-Lösung. Diese wurde dem Stadtrat bereits vor Monaten präsentiert. Und in die Verträge, die uns tatsächlich erst etwa zwei Wochen vor der entscheidenden Sitzung zugingen, hatte die SPD auch nicht mehr und nicht eher Einblick.« In der geplanten Betreibergemeinschaft »Energiewende Garching« (EWG) hätte AR Recycling einen Stimmen- und Grundkapitalanteil von 51 Prozent, Eon und die Stadt Garching jeweils 24,5 Prozent. Auch die Stadtspitze habe sich mehr Gewicht für die Stadt gewünscht, gibt Götz Braun offen zu.

Doch in den nun ausgearbeiteten Verträgen sieht er die Interessen der Stadt bestmöglich gewahrt. »Die lange Laufzeit der Verträge ist ja gerade ein riesiger Vorteil für uns – es ist doch absehbar, dass die Ressource Holz immer knapper und teurer wird.« Die Unwägbarkeiten, die die Kritiker ins Feld führen, beantwortet er mit Zitaten aus dem Vorvertrag, den die Stadt auszugsweise unter www.garching.de ins Internet gestellt hat. Tatsächlich verpflichtet sich AR Recycling darin auf ausschließliche Verwendung von Hölzern der Klassen A1 sowie A2, und es sind Kündigungsrechte bei Nichteinhaltung des Vertrages festgeschrieben.

Außerdem glaubt Braun nicht an einen heimlichen Einbau von Filtern für die Verbrennung anderer Hölzer – schon allein deshalb, weil diese »sehr, sehr teuer« seien. Abschließend meint Braun resignierend: »Aber in der Tat – mit jemandem, dem man von Anfang an unterstellt, er wolle die Verträge später nur brechen, sollte man wirklich gar nicht erst welche schließen.«

Doch ob dem tatsächlich so ist, lässt sich nach persönlichen Gesprächen mit Kritikern bezweifeln. Denn auf die Frage, ob sie die Türen mit ihrem »Nein« endgültig zuschlagen wollten, lautet die Antwort wiederum einhellig »nein«. Vielleicht sollten die EWG-Aspiranten nach der Kommunalwahl am 2. März noch einmal anklopfen. Eva Mäkler

Artikel vom 06.02.2008
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