Literarischer Abend im Bogenhausener Gymnasium

Bogenhausen · Wer war Wilhelm Hausenstein?

Hausenstein-Biograph Andreas Werner beim Literaturabend im Gymnasium.Foto: arn

Hausenstein-Biograph Andreas Werner beim Literaturabend im Gymnasium.Foto: arn

Bogenhausen · An dieser Frage würden wohl viele Fernsehquizkandidaten scheitern: Wer war Wilhelm Hausenstein? Die richtigen Antworten lieferte ein literarischer Abend im Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium. Andreas Werner, Biograph und erster Vorsitzender der nach dem Namenspatron der Schule benannten Gesellschaft saß anlässlich des Hausensteinjahres auf dem Podium.

Seit vielen Jahren befasst sich der Germanist mit dem »bewegten und bunten Leben« von Wilhelm Hausenstein. 1882 wurde der im Schwarzwald geboren, sein Studium in Heidelberg, Tübingen und München bezeichnete Werner noch als ziemlich planlos, doch einer seiner Lehrer brachte Hausenstein im Anschluss daran in die Stadt, die später in seinem Leben noch größte Bedeutung erlangen sollte: Paris. Dort wirkte er als Vorleser für die Königin von Neapel. In Paris begegnete Hausenstein 1906 zum ersten Mal dem späteren Bundespräsidenten Theodor Heuss, der Beginn einer langen Freundschaft. Heuss beschrieb Hausenstein damals als »sehr amüsanten Unterhalter, der etwas vom französischen Esprit« habe.

Dennoch hielt es Hausenstein nicht lange in Paris, er kehrte nach München zurück, begann sein literarisches Schaffen. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten beende jäh diese Zeit. Bei der Frankfurter Zeitung, die die Nazis als »liberales Feigenblatt« duldeten, konnte er als Schriftleiter für das Literaturblatt die Zeit überstehen, ohne später etwas bereuen zu müssen. »Es gibt«, so Biograph Andreas Werner, »mehr als genug Beispiele, dass Hausenstein bis an den Rand des Möglichen ging.« 1945 wollten ihn die Amerikaner dann auch zum ersten Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung machen. Doch der lehnte ab, wollte Schriftsteller bleiben. Auch als der erste Kanzler der Bundesrepublik Konrad Adenauer einen Repräsentanten der jungen Bundesrepublik beim einstigen Erbfeind Frankreich suchte und Hausenstein nach Bonn einlud, blieb er zuhause.

Der »Alte« musste schließlich selbst nach Tutzing kommen, um Hausenstein schließlich doch dafür zu gewinnen. 1950 ging der nach Paris, übernahm das wohl schwierigste Amt, das Deutschland in dieser Zeit zu vergeben hatte. Und dem kunstsinnigen Diplomaten gelang es schon bald, das misstrauische Frankreich für den neuen deutschen Staat einzunehmen. Bis 1955 wirkte Hausenstein überaus erfolgreich in Paris, dann beendeten Neid und Missgunst der Berufsdiplomaten die Mission des Quereinsteigers. Das unschöne Ende einer Ära, die sicher mitentscheidend war für das Entstehen der deutsch-französischen Freundschaft. Zwei Jahre später, 1957, starb Hausenstein in München.

Sein Grab am Bogenhausener Friedhof liegt nicht weit von dem Karl Valentins. »Wenn ich einmal tot bin«, so schrieb Hausenstein bereits 1936, »dann werden die Stimmen ja wohl kommen und sagen, es sei doch was mit mir los gewesen.« Mit diesem treffenden Zitat beendete Biograph Andreas Werner den Abend, an dem er überaus kurzweilig darüber informierte, welch bedeutende historische Persönlichkeit der Namenspatron des Gymnasiums in der Elektrastraße ist.

Artikel vom 18.12.2007
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