In dieser Serie stellen wir ungewöhnliche Nachbarn vor

Schwabing · Stadt-Bewohner

Wo andere ihren Kleiderschrank haben, hat Albert Mues einen Modelleisenbahnschrank. 	Foto: lix

Wo andere ihren Kleiderschrank haben, hat Albert Mues einen Modelleisenbahnschrank. Foto: lix

Schwabing · Langsam fährt die Modelleisenbahn los, kommt allmählich in Schwung, bis sie schließlich den ganzen Flur hin und her gefahren ist. »Bei mir fährt die Bahn immer, da wird nicht gestreikt«, erklärt Albert Mues lachend. Der 70-jährige Schwabinger ist stolzer Besitzer von 22 Modellbahn-Loks, fast 60 Waggons und mehr als 100 Meter Modellbahnschienen.

Mues hatte in seiner Kindheit auch eine Modellbahn. Und nachdem sein Sohn zwei Jahre alt war, sollte der ebenso eine bekommen. »Aber es sollte keine mickrige Bahn sein«, erinnert er sich, und deshalb wurde eine Gartenbahn gekauft. Nun fährt seine hauseigene Bahn seit mehr als 20 Jahren auf drei Gleisen durch den Flur.

Ein Gleis davon führt direkt an der Wand entlang, was seine ganz speziellen Gründe hat. Königspudel Moro sei immer mit seinem nassen Fell an der Tapete entlang gestreift, was dementsprechend aussah. »Doch seit die Gleise da sind, traut sich Moro nicht mehr an die Wand.« Früher spielten sein Sohn und seine Tochter noch bis zu ihrem Schulabschluss mit der Bahn, die jedes Jahr zu Weihnachten aufgebaut wurde und bis zu Ostern stehen blieb, erzählt er. Mues selber baute mit seinem älteren Bruder die Bahn immer auf dem Dachboden auf und beide spielten, selbst wenn es eiskalt war, dort. »Meine Lieblingsbeschäftigung war das Verladen und Entladen von kleinen Steinen oder Holzstückchen«, weiß er noch.

In Mues’ Heimatstadt Steinheim in Nordrhein-Westfalen war die Bahn damals die große Sensation. »Fast die gesamte Schule kam zu Besuch, nur um die Bahn zu sehen«, so Mues. Und das war gut, denn der ältere Bruder hatte früher als Mues die Lust am Bahnspielen verloren. »Aber später hat er die Bahn für seine Kinder geholt.«

Seine eigene Eisenbahnsammlung hat er fast komplett von einem anderen Eisenbahnsammler übernommen – »für einen Spottpreis«, freut sich Mues heute noch. Denn der Verkäufer brauchte dringend Geld, weil seine Töchter lieber Mineralien sammelten als Modelleisenbahnen. Mit anderen Sammlern will sich Mues jedoch nicht vergleichen. »Die haben mehr Loks, Waggons und vor allem mehr Ahnung«, sagt er. Es gab schon einige, die ihm vorwarfen, dass seine Lok nicht zu den Waggons passte, weil sie historisch unterschiedlich sind. Allerdings kümmern solche Sprüche Mues nicht im Geringsten. Sein Interesse gilt nur der Technik: »Die Bahn muss laufen, dann passt es.«

Doch nicht nur andere Sammler beschweren sich. Auch seine Frau gibt sich schon mal genervt vom Hobby ihres Mannes. »Das sieht schrecklich aus«, sagt sie, und zeigt auf die lose rumhängenden Kabel an der Wand. Aber so ist das nun mal mit dem Interesse von Albert Mues. Die Technik fasziniert ihn. Und der Rest ist Firlefanz. F. Schirrmann

Artikel vom 11.12.2007
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