Ab Februar startet eine Wohngemeinschaft für Demenzkranke

Messestadt Riem · Den Alltag leben können

Monika Stutz (rechts) zieht im Februar in die Wohngemeinschaft in der Messestadt Riem, hier mit Vereinsmitglied Sonja Brandtner.Foto: ko

Monika Stutz (rechts) zieht im Februar in die Wohngemeinschaft in der Messestadt Riem, hier mit Vereinsmitglied Sonja Brandtner.Foto: ko

Messestadt Riem · Im Februar beziehen sechs demenzkranke Menschen eine gemeinsame Wohnung an der Willy-Brandt-Allee in Riem. Vermieter ist der Allacher Verein »Wohlbedacht«, der speziell für eine solche Wohnraumsuche gegründet wurde. Nun stehen zwei Unterkünfte in einem Neubau zur Verfügung, in denen insgesamt 16 Personen Platz finden. In zwei Wohnungen mit jeweils zirka 280 Quadratmetern können je sieben bis acht der erkrankten älteren Menschen wohnen.

Sie werden rund um die Uhr von Pflegepersonal betreut. Jeder hat sein eigenes Zimmer und es stehen Gemeinschaftsräume zur Verfügung. Seit seiner Gründung im Jahr 2000 ist »Wohlbedacht« auf der Suche nach derartigen Räumen. Über die Stadt München hat der Verein, dessen Mitglieder deswegen viele Male beim Sozialreferat vorstellig waren, dann schließlich den Zuschlag für die beiden Riemer Wohnungen bekommen. In der Wohngemeinschaft (WG) soll erreicht werden, was im Heim nicht so gut möglich ist: Trotz Erkrankung können die Senioren ihren ganz eigenen Alltag leben. »Demenzkranke können noch so viel, wenn sie den richtigen Ansporn haben«, sagt Vereinsmitglied Sonja Brandtner.

Gemeinsam kochen oder auch Wäsche waschen, eben Dinge des täglichen Lebens verrichten. Und jeder soll in der gemeinsamen Wohnung seinen individuellen Rhythmus, etwa früh oder spät aufstehen, beibehalten. Eine der einziehenden Seniorinnen, Monika Stutz, bringt im Februar sogar ihre Katze mit. »Ohne Jeanny gehe ich nicht«, sagt die ältere Frau. Sie erzählt von ihrem kleinen Häuschen, in dem sie lieber wohnen bleiben würde.

Trotzdem freut sie sich auf gemeinsame Tage mit ihren künftigen Mitbewohnern, um dann viel Rommé und Canasta zu spielen. Im Moment besucht Monika Stutz die Allacher Tagesstätte für Demenzkranke »Rosengarten«. Und dort hat auch alles angefangen. Denn Sonja Brandtner hat die Einrichtung in Eigeninitiative ins Leben gerufen, bevor dann der Verein dazu kam. Bereits während Brandtner Sozialpädagogik studiert hat, hat sie sich für Demenzerkrankungen interessiert und es sich zur Aufgabe gemacht, zu helfen.

»Demenzkranke haben keine Lobby, denn sie können aufgrund ihrer Erkrankung nichts für sich selber tun«, sagt sie. Und Angehörige würden das ebenfalls kaum schaffen, denn die seien oftmals schon durch die anfallende Pflege »total fertig«. Der Krankheitsverlauf bei Demenz ist schleichend und beginnt oftmals mit leichter Vergesslichkeit. Das Ende ist dann die völlige Unfähigkeit, das eigene Leben zu steuern.

Demenzkranke können nichts Neues mehr lernen, sie können nicht folgerichtig denken oder sich zeitlich oder örtlich orientieren. Für die beiden WG‘s gab es eine Anschubfinanzierung von der Stadt München in Höhe von 50.000 Euro. Ungefähr die Hälfte ist für den Bodenbelag in den Wohnungen verwendet worden. Für weitere 5.000 Euro wurde ein Balkon mit Glas überdacht, damit die Bewohner jederzeit hinaus können. Alle Mitglieder des Vereins arbeiten ehrenamtlich. Trotzdem wird der Rest des Geldes knapp.

»Besonders dringend brauchen wir eine Küche«, sagt Sonja Brandtner. Denn die WG-Mitglieder wollen ja auch gerne mal miteinander kochen. In den beiden Wohngemeinschaften sind noch zehn Zimmer frei, weitere Informationen gibt es im Internet unter www.wohlbedacht.de . Kirsten Ossoinig

Artikel vom 11.12.2007
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