Adventszeit im Hort: Geborgenheit im interkulturellen »zweiten Zuhause«

Unterschleißheim · Spaß haben, stark werden

»Wir sind die Kichererbsen«: Lara (9), Zina (10) und Daniel (9 Jahre, von links) machen ihrem Spitznamen auch beim Weihnachtsbasteln alle Ehre. 	Foto: em

»Wir sind die Kichererbsen«: Lara (9), Zina (10) und Daniel (9 Jahre, von links) machen ihrem Spitznamen auch beim Weihnachtsbasteln alle Ehre. Foto: em

Unterschleißheim · »Wie gemütlich!« »Wie schön!« Die Atmosphäre im Caritas Kinderhort nimmt alle Besucher sofort gefangen. Besonders am Freitagabend vergangener Woche, als die Hortkinder ihre Eltern mitbrachten, um bei Punsch, Plätzchen, Lichterketten und sanfter Popmusik für Weihnachten zu basteln. Da ist nichts streng »Besinnliches« in der Luft, stattdessen fröhliches Lachen überall.

150 Menschen bewegen sich durch die großzügigen Räume, schauen sich die verschiedenen Angebote an, werden neugierig, kommen ins Gespräch und setzen sich zum Mitbasteln dazu.

Ein Ziel hat dieser Hort offensichtlich längst erreicht: den »Aufbau und Erhalt familienähnlicher Strukturen«. An das Klischee von der »Aufbewahrungsanstalt für Kinder« erinnert hier jedenfalls nichts. Am wenigsten die Kinder, die auf die Frau mit der Kamera sofort mit »Wow, geil, die Presse ist da!« reagieren und selbstbewusst alle Fragen zu »ihrem« Hort beantworten. »Zu Hause wäre es bestimmt langweiliger; hier habe ich immer Freunde«, sagt Zina, 10 Jahre, und blinzelt zur 9-jährigen Lara. »Und wir können hier immer was machen, zum Beispiel die ›Happy-Hour-Projekte‹«, ergänzt die Angesprochene. »Da muss man nicht mitmachen, aber man kann sich was aussuchen, und dann geht man da einmal die Woche hin, immer von halb fünf abends bis halb sechs«, erklärt dazu Daniel, neun Jahre. Er ist zusammen mit den beiden Mädchen bei dem Projekt »Hortzeitung« dabei. Bei der es zurzeit natürlich kräftig weihnachtet.

Manche Kinder haben sich sogar einer eigenen »Happy Hour«, in der sie Weihnachtsverpackungen basteln, verschrieben. Wobei sich die große »Familie« Hort auf Weihnachten ganz besonders vorbereitet – denn es bedeutet nicht für alle Kinder hier dasselbe. Manche sind Muslime und haben daher eigentlich gar keinen Bezug zu Adventskranz, Weihnachtsbaum und Nikolaus. Wohl aber zu den reichlichen Geschenken – die verbinden sie zu dieser Zeit mit dem muslimischen Zuckerfest.

»Wir erzählen uns gegenseitig von unseren Traditionen und Gebräuchen – und wenn jeden Morgen ein Türchen des Adventskalenders geöffnet werden darf, jede Woche eine Kerze mehr am Adventskranz brennt oder wenn wir Weihnachtsgeschichten vorlesen, genießen das einfach alle Kinder«, erzählt Iris Merk, stellvertretende Leiterin des Horts. Auch die Eltern sind überzeugt vom Hort, und das nicht nur, wenn Adventsstimmung zu spüren ist. Die Beweggründe, die Kinder am Nachmittag nicht zu Hause zu lassen, sind dabei ganz unterschiedlich. So erzählt Güldane Er: »Ich wäre schon am Nachmittag für meine Tochter da. Doch ich selbst bin in der Türkei zur Schule gegangen und verstehe bei meiner Tochter null von den Hausaufgaben. Das machen die Erzieherinnen ganz toll. Und meine Tochter bekommt im Hort so viel von der deutschen Sprache und Kultur mit, dass sie sich mittlerweile besser ausdrückt als manches deutsche Kind.«

Torsten Kaminski hat zwei Töchter im Hort: Nadja, zehn Jahre, ist schon seit über drei Jahren dabei, die siebenjährige Sarah ist im September dazugekommen. »Am Anfang war der Grund tatsächlich nur der, dass meine Frau und ich beide berufstätig sind. Doch seitdem ich sehe, wie großartig sich die Große hier entwickelt, welchen Spaß es ihr macht und was für ein super Konfliktverhalten sie mittlerweile an den Tag legt, würde ich meine Kinder ohnehin hierher schicken. Ich glaube, das Sozialverhalten entwickelt sich hier besonders deshalb so gut, weil die Kinder sich auch unter den verschiedenen Gruppen bewegen können.

So lernen die Kleineren von den Größeren, aber auch umgekehrt.« »Am schönsten ist es immer, wenn Kinder zu uns wollen, weil sie hier mal ihre Freunde besucht oder abgeholt haben«, freut sich die Leiterin des Caritas Kinderhorts, Daniela Wittig. »Dann sehen sie, was man hier alles machen kann … und wir legen viel Wert auf Freizeitangebote. Die Kinder machen hier auch ihre Hausaufgaben, aber wir sind kein Paukstudio!« Und ganz bestimmt kein Ort, an dem Kinder »aufbewahrt« werden. Sondern einer, an dem sie groß werden können. Ganz groß. Eva Mäkler

Artikel vom 04.12.2007
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...