»Spielart«: Echte Beamte aus München und Sao Paulo

Maxvorstadt · Polizisten sind auch Menschen

Schießkino bei »SOKO Sao Paulo«. Foto: Spielart

Schießkino bei »SOKO Sao Paulo«. Foto: Spielart

Maxvorstadt · Schüsse hallten durch das ehemalige Leibniz-Rechenzentrum in der Barer Straße. Sie fielen im zweiten Stock, genauer gesagt im Raum 203. Doch glücklicherweise gab es keine Verletzten. Denn niemand hatte wirklich geschossen. Die Schüsse stammten aus dem polizeilichen Schießkino, das für »SOKO Sao Paulo« dort aufgebaut wurde.

Im Rahmen des Spielart-Theaterfestivals fand die Installation »SOKO Sao Paulo« drei Mal in der Maxvorstadt statt. Allerdings ist der Begriff Installation irreführend, denn eigentlich handelte es sich um eine Art Mischung aus Ausstellung und Dokumentation.

Auf zwei Etagen waren zwölf Polizisten aus München und Sao Paulo zu sehen und hören. Die Installation ging der Frage nach, »Warum werden Menschen eigentlich Polizisten«, wie die beiden Regisseure Lola Arias und Stefan Kaegis erklärten. »Vor allem ging es uns auch darum Polizisten als Menschen zu zeigen«, so Arias.

In Raum 204 traf man auf Isabel Christina Amaro aus der Polizei-Notruf-Zentrale in Sao Paulo. An den Wänden konnten die Besucher einige bedrückende Anrufe nachlesen. Zum Beispiel stand da: »Ein Teenager ruft an, und droht mit seinem Selbstmord, dann hört man einen Schuss und der Hörer schlägt zu Boden.« Die 42-Jährige arbeitet seit zehn Jahren in der Notruf-Zentrale.

»Manchmal ist mir nur zum Heulen zumute«, übersetzte die Dolmetscherin, »aber ich halte mich an meinen Fluchtinseln, wie die Familie, den Urlaub, oder meine Samba-Schule fest.« An ihrem achtstündigen Arbeitstag nimmt sie 600 Anrufe entgegen, die jeweils nicht länger als eine Minute dauern dürfen.

Ein Stockwerk tiefer sprach der Münchner Klaus Röschinger über seine Arbeit als Szene-Beamter in der Fußball-Hooliganszene. »Meine Aufgabe ist es den Hooligans den Spaß zu verderben«, erklärte er. Weiter sagte er, dass die Hooligan-Szene in München ein großes Nachwuchsproblem habe, aufgrund der offensiven Polizeiarbeit. Angefangen hat der 45-Jährige vor 26 Jahren bei der Bereitschaftspolizei. Damals, gerade fertig ausgebildet, wurde er bei den Protesten um die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf eingesetzt. Darauf eine Besucherin belustigt: »Da standen wir uns wohl mal gegenüber.«

Alle Räume zu besuchen in den festgelegten anderthalb Stunden, die man dafür Zeit hatte. Dennoch konnte man einen bleibenden Eindruck von der schwierigen Polizeiarbeit gewinnen. Alle Polizisten, egal ob aus Sao Paulo oder München, berichteten von Extremsituationen, die wohl für den einen oder die andere auch den Reiz des Polizisten-Daseins ausmacht.

Artikel vom 28.11.2007
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