Das Lehel diskutiert über eine ungewöhnliche Bürgerbeteiligung

Zentrum · Kampf ums Schild

Physiklehrer und Schildbürger Gustav Kröger vor seinem derzeit überklebten Straßenschild.  Foto: Julia Stark

Physiklehrer und Schildbürger Gustav Kröger vor seinem derzeit überklebten Straßenschild. Foto: Julia Stark

Zentrum · Ein Straßenschild mit der Aufschrift »Richard-Feynman-Platz« erregt derzeit die Gemüter von Stadträten und Bezirksausschuss (BA). Der Grund: Diesen Platz gibt es offiziell nicht. Ein Anwohner hat die Kreuzung von Kanal- und Mannhardtstraße – gleich hinter dem Isartor im Lehel – in Eigeninitiative umgetauft.

Jetzt will der kreative Schildbürger mit Unterstützung des BA-Chefs Wolfgang Püschel eine Eintragung ins Straßenregister erreichen.

Ein Schildbürgerstreich im wahrsten Sinne des Wortes hat im Lehel eine politische Diskussion ausgelöst. Im vergangenen August beschloss der Physiklehrer Gustav Kröger, die Kanalstraße an ihrem Knick nach dem Physiker Richard Feynman zu benennen. Für 200 Euro erstand er ein Straßenschild, ließ es beschriften und schraubte es auf Höhe der Hausnummer 11 an.

»Der Straßenverlauf ähnelt nämlich einem Diagramm des Nobelpreisträgers zur Quantenphysik« erklärt er. Wie das ganze aussieht, zeigt eine kleine Infotafel an der Hauswand – die ebenfalls von Kröger stammt. Lange blieb die Taufe unbemerkt. Erst nach sieben Monaten kam eine erste Reaktion des Baureferats. »In dem ganzen Schilderwald hier ist meine Aktion wahrscheinlich untergegangen«, mutmaßt Kröger schmunzelnd.

Im vergangenen März forderte ihn die Stadtverwaltung schließlich auf, sein Schild wieder zu entfernen. Die Begründung: Eine genaue Ortsbestimmung sei so nicht mehr möglich. Dass eindeutige Adressen vor allem bei Notfällen, in denen Feuerwehr oder Krankenwagen anrücken müssen, lebenswichtig sind, sieht Kröger durchaus ein. Klein beigeben will er aber nicht. »Ich möchte darauf hinarbeiten, dass der Richard-Feynman-Platz offiziell ins Straßenregister eingetragen wird«, bekräftigt er.

Nach der Beanstandung des Baureferats hat er den Schriftzug aber erst einmal mit schwarzer Folie überklebt. »«Ich will ja nicht aufrührerisch sein«, erklärt er. Statt dessen ist er fest entschlossen, den Weg durch die Instanzen zu gehen. Auf der Bürgerversammlung, die jüngst im Lehel stattfand, beantragte er, das Schild wieder in seinen ursprünglichen Zustand versetzen zu dürfen. Auf Skepsis stieß das Anliegen bei Josef Schmid, der die Veranstaltung leitete.

»Ich bin ein großer Fan von Feynman«, räumte der CSU-Stadtrat, der für das Amt des Oberbürgermeisters kandidiert, ein. »Aber was hat ein amerikanischer Physiker mit diesem Ort zu tun?« Kröger wusste prompt eine Antwort: »Karl Valentin hat schräg gegenüber gewohnt und hieß mit Nachnamen Fey«, sagte er. Weil sich der Nobelpreisträger in den ersten drei Buchstaben genauso schreibe wie der alteingesessene Münchner Komiker, sei der Bezug zur Stadt gegeben.

Die Teilnehmer der Versammlung, die Krögers Ausführungen mit großer Heiterkeit folgten, stimmten dem Antrag mit knapper Mehrheit zu. Unterstützung erhielt der Physiklehrer auch vom BA-Vorsitzenden. »Das ist eine sehr originelle Idee«, sagte Püschel. Er werde sich im BA dafür einsetzen, dass Schild und Infotafel bleiben können. »Ich bin gespannt, ob sich der kreative Einfall gegen die Bürokratie durchsetzt.«

Was nun geschehen soll, muss der Stadtrat entscheiden.

Artikel vom 27.11.2007
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