Milbertshofner entrüstet über Aussagen von Grünwalder »Schnösel-Rappern«

Milbertshofen · Ärger über Satire-Rap

Andere Meinung: »Sir Ree«. Foto: wei

Andere Meinung: »Sir Ree«. Foto: wei

Milbertshofen · Keine Münchner Rap-Gruppe polarisiert derzeit dermaßen wie die »Stehkrägen«, fünf Musiker, die mit Aussagen der Marke »Hartz-VI – aber bitte nicht hier« oder »Kaviar für Somalia« für jede Menge Diskussionen in der Musikszene sorgen. Auch der Stadtteil Milbertshofen bleibt von den Schmähungen der »Schnösel-Rapper« nicht verschont.

»Berlin und München-Milbertshofen können einpacken. Genug mit Ghetto- und Hartz-IV-Problem-Rap«, so bewirbt die Rap-Gruppe ihr neues Album auf ihrer Internetseite. Derartige Aussagen stoßen einigen Milbertshofnern, wie dem Rapper Rene Schweizer alias »Sir Ree«, sauer auf. »Die Stehkrägen provozieren auf geschmacklose Weise.

Es ist ekelhaft so auf das Einkommen und den Lebensstandard der Leute loszugehen«, so der 21-jährige Musikjournalist, der damit auf den neuen Song der Rapper »Hey kleiner Mann, deine Armut kotzt mich an« anspielt. Auch über eine Filmsequenz, die im Internet zu sehen ist, kann Schweizer nicht lachen. Hierbei fuhren die »Stehkrägen« mit einer Luxus-Karosse durch Milbertshofen und nahmen das Viertel auf den Arm. »Doch am schlimmsten fand ich immer noch die Fernsehinterviews. Hier wurden nur rein provokative Sachen gesagt«, erzählt Schweizer.

Bei den »Stehkrägen« scheint kaum etwas echt zu sein. Ihr Musiklabel »Aggro Grünwald« ist genauso wie die Lebensläufe auf ihrer Internetseite reine Fiktion. Philipp Walulis alias MC Erbgraf, ist einer von den »Schnösel-Rappern« und kann mit Schweizers Kritik nicht viel anfangen. Walulis verweist darauf, dass man die Texte sowie die Aufmachung der »Stehkrägen« als das sehen sollte, was sie sind – reine Satire. »Unsere Ironie zielt in zwei Richtungen. Zum einen ist sie als Persiflage auf die Gangster-Rapper wie Aggro Berlin zu verstehen, zum anderen zielen wir auf die Münchner Schnösel-Stereotypen. Solche die man von der Leopoldstraße oder der BWL-Vorlesung kennt.«, stellt Walulis klar. Sieht man im aktuellen Video der »Stehkrägen« genauer hin, sind tatsächlich satirische Anspielungen auf die Schicki-Micki-Gesellschaft zu erkennnen.

So wird beispielsweise das Hochglanzcover eines Magazins mit dem Titel »Reich und Geschmacklos« oder eine Kreditkarte der »Reich und Doof Bank« eingeblendet. Dies sind allerdings nur kleine Filmsequenzen, die der Betrachter durchaus verpassen kann.

Auch Walulis weiß, dass die Satire nicht von jedem erkannt wird, gibt aber zu bedenken: »Um Aufmerksamkeit zu erregen muss man so ein Thema natürlich überspitzen. Außerdem können wir doch keine CD mit einem Aufkleber ›Achtung Ironie‹ kennzeichnen.« Schweizer geht diese Satire jedoch entschieden zu weit: »Wie wollen die Stehkrägen eigentlich einem Hartz-VI-Empfänger beibringen, dass solche Texte witzig gemeint sind? Ich kenne genügend Leute, die für ein paar Euro in der Stunde Regale auffüllen. Die finden das alles andere als witzig«. Unterstützung erhält das Projekt »Stehkrägen«, von einem Münchner Radiosender sowie einer Starnberger Aktiengesellschaft. Für Schweizer wäre das Geld anderswo sinnvoller untergebracht: »Diese Leute sollten das Geld lieber in Musik-Jugendprojekte stecken.«

Während in Milbertshofen die Diskussionen noch andauern, planen die »Stehkrägen« bereits ihren nächsten Coup. »Doch diesmal«, so Walulis, »werden wir die Ironie offensichtlicher gestalten.« Andreas Weiß

Artikel vom 04.09.2007
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