Die verbotene Wiesn

München - „Da schau her“

Die Maß für gefühlte fünf Mark, dazu einen schönen Schweinsbraten zu achtfuchzig – so ist dem Kenner die Vorwiesn bekannt. Der Wiesn-Aufbau ist die beste Zeit des Oktoberfestes, weil noch kein Oktoberfest ist. Es herrscht geschäftiges Treiben, und doch ist die Theresienwiese zu der Zeit der ruhigste und schönste Ort der ganzen Stadt. Keiner, der grölt. Keine greißligen Verona-Pooth-Dirndl. Keine Hölle, Hölle, Hölle, kein Bett im Kornfeld.

Der Blick auf die Bavaria zwar schon ein bisserl verbaut, aber man merkt, dass sich die alte Bronze-Dame wirklich wohl fühlt.

Wie gerne bin ich an schönen Augusttagen rausgefahren auf die Wiesn, hab hier und da kontrolliert, ob die Arbeiter auch alles ordentlich machen. Bei solchen Gelegenheiten traf ich auch immer Gleichgesinnte, Früh- und echte Rentner etwa, die sich wie ich und jeder andere richtige Münchner irgendwie für das planmäßige Errichten der Zelte und im September auch der Fahrgeschäfte und Buden verantwortlich fühlen.

Böse Zungen mögen das Gschafteln nennen, ich sehe darin eher eine besonders bayrische Form der Zivilcourage. Nach den erledigten Kontrollen ging man zu einer der Wiesnkantinen, wo es das beste Bier der Welt zu unfassbar günstigen Preisen gab.

Schon seit ein paar Jahren heißt es streng, die Kantinen seien wirklich nur für diejenigen, die auch richtig arbeiten und aufbauen. Aber hey, der Job des Zivilkontrolleurs ist nicht der einfachste! Trotzdem wurde er nicht so richtig anerkannt, ein kleiner Münchner Skandal eigentlich. Das wollte ich der Weishäupl eigentlich schon längst beibringen. Trotz des Kantinen-Besuchsverbots gab es immer Wege und Mittel, doch bedient zu werden.

Oft half schon ein Meterstab, mit dem man bedeutungsschwer rumfuchtelte. Die Kür für diese kleine traditionelle Erschleichung von Leistungen war freilich ein weißer Bauhelm, den nämlich dürfen auf Baustellen nur die ganz Wichtigen tragen.

Heuer nun aber heißt es, dass die ganze Wiesn bis zum Anstichtag Sperrgebiet ist, Baustellenbereich, Zugang verboten, Eltern haften für ihre Kinder. Dass Kinder da nichts zu suchen haben, ist mir schon klar, schließlich ist es wirklich gefährlich auf der Aufbauwiesn, und dass schon Kinder in Bayern Bier bekommen, ist ein wenig aus der Mode geraten. Aber was ist mit uns, die allein durch ihre Anwesenheit beim Aufbau helfen?

Noch hatte ich keine Zeit, die Durchsetzbarkeit des Geländeverbots zu überprüfen. Kommt aber bald. Ich werde es Ihnen bei Gelegenheit berichten, und an jener Stelle auch gleich noch vermelden, wie das Bier geschmeckt hat in einer der Kantinen.

Artikel vom 02.08.2007
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