Shopping-Nacht am 14. September: Der Handel jubelt, Verdi gruselt’s

München - Einkaufen bis zur Geisterstunde

Sonntagsruhe ja, Feierabend nein? Im strengen München wird wieder einmal über Ladenschlusszeiten diskutiert. Aktueller Streitpunkt: die „Lange Nacht des Einkaufens“, die am Freitag, den 14. September, in der Münchner Innenstadt steigen soll. Von Geschäftsleuten wird sie bereits jetzt gelobt, die Gewerkschaft Verdi spricht dagegen von einem „Schlag ins Gesicht“. Gar zu einer juristischen Auseinandersetzung könnte es kommen.

Nur Bayern und das Saarland haben den werktäglichen Ladenschluss noch nicht freigegeben, alle anderen Bundesländer sind inzwischen flexibler. Und so wird jetzt punktuell um jede Freiheit gerungen.

Harry Potter sei ein gutes Beispiel für die weißblaue Rückständigkeit und Bürokratie, findet Wolfgang Fischer. Für den Geschäftsführer des Unternehmer-Vereins „City Partner“ ist es ein Unding, dass vergangene Woche in der Nacht von Freitag auf Samstag beinahe überall auf der Welt – etwa auch in 14 deutschen Bundesländern – der neue „Harry Potter and the Deathly Hallows“ in der englischsprachigen Ausgabe erstmals verkauft werden konnte.

Nur in Bayern und im Saarland mussten die Fans bis zum Samstagmorgen warten: Hier durften die Buchhändler keine Nachtschicht einlegen, um das druckfrische Buch zu verkaufen, nicht einmal Harry Potter konnte die geltenden Gesetze ändern. „Das ist völlig absurd“, kommentiert City-Manager Fischer.

Für eine einmalige Aktion am 14. September aber haben Fischer und seine „City Partner“ eine Möglichkeit gefunden, dem Ladenschlussgesetz ein Schnippchen zu schlagen: Weil sie ihre „Lange Nacht des Einkaufens“ an ein Kulturprogramm knüpfen, haben sie vom Freistaat grünes Licht dafür bekommen, ihre Geschäfte bis Mitternacht zu öffnen. Die beteiligten Geschäftsleute finanzieren das Kulturprogramm aus eigener Tasche – ein teurer Spaß, für den Fischer noch Unterstützer brauchen kann. Geschäftsleute außerhalb des Altstadtrings und der Hauptbahnhof-Gegend übrigens haben das Nachsehen: sie sind bei der City-Nacht, die unter dem Motto „Nachtschwärmer“ gestartet wird, ausgesperrt: sie müssen, wie gewohnt, um 20 Uhr schließen.

Könnte die Shopping-Nacht dennoch ein wichtiger Schritt hin zu flexibleren Öffnungszeiten sein? „Davon kann noch keine Rede sein“, meint Fischer. „Schauen wir einfach mal, wie es läuft. Wir können erst nach der Aktion am 14. September klären, wie der Abend den Kunden, den Geschäftsleuten, der Stadt und allen anderen Beteiligten getaugt hat.“ So lange allerdings will die Gewerkschaft Verdi nicht warten: Am liebsten würde sie die Einkaufs-Nacht verhindern, denn für Georg Wäsler, stellvertretender Geschäftsführer von Verdi München, ist die Aktion „ein Schlag ins Gesicht“ und ein klarer Verstoß gegen das geltende Ladenschlussgesetz in Bayern: „Dieses sieht nur dann Ausnahmen von den Öffnungszeiten vor, wenn ein Notstand vorliegt oder eine Öffnung im öffentlichen Interesse dringend nötig ist“, sagt er.

Da es sich beim 14. September aber weder um ein gesellschaftliches Großereignis wie eine Fußball-WM, noch um einen Notfall handelt, werde Verdi gegen die „City-Night“ vorgehen: sogar Streiks wären ein denkbares Mittel, verkündet Wäsler, in jedem Fall aber werden Angestellte, die gegen ihren Willen für eine Nachtschicht eingeteilt werden und dagegen klagen wollen, von der Gewerkschaft unterstützt.

Für Fischer ist das Vorgehen von Verdi ein Rätsel: „Wir planen eine tolle Aktion, wie sie regelmäßig in anderen Städten stattfindet. Und deshalb geht nach Ansicht von Verdi gleich die Welt unter“, sagt er. „Ich habe dafür kein Verständnis. Verdi geht auch nicht auf die Barrikaden, wenn irgendwo im Umland Marktsonntag ist – das interessiert die nicht die Bohne. Warum sie jetzt mit aller Macht gegen unsere Aktion vorgehen, begreife ich nicht: die Verkaufsnacht findet nicht mal am heiligen Sonntag statt, sondern an einem ganz normalen Freitag!“

Fischer will nicht „nachts um drei Herrenmode-Geschäfte öffnen“, aber der Lobbyist der Innenstadthändler wünscht sich mehr Flexibilität in Sachen Ladenschluss. „Wenn es möglich wäre, beim Erscheinen der deutschen Ausgabe des 7. Harry Potter-Bandes am 27. Oktober eine Nachtöffnung genehmigt zu bekommen – das wäre schon ein enormer Erfolg.“

Artikel vom 26.07.2007
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