Knurrende Mägen, Unterzucker, Kollaps: Wörthschule startet Frühstücksaktion

Haidhausen · Der Butterbrezn sei Dank

Gesunder Start in den Schultag in der Wörthstraße – aber gemeinsam essen und ratschen ist dabei das Wichtigste. Foto: em

Gesunder Start in den Schultag in der Wörthstraße – aber gemeinsam essen und ratschen ist dabei das Wichtigste. Foto: em

Haidhausen · Möglichst spät aufstehen, schnell anziehen und vielleicht noch ein Glas Milch auf die Schnelle runterkippen – ein ganz alltäglicher Morgen vieler Schüler. Das musste Martin Winter, Rektor der Hauptschule Wörthstraße, entsetzt feststellen, als er seine Schützlinge nach ihren Frühstücksgewohnheiten fragte. Ergebnis: Es gibt gar kein Frühstück – für mehr als die Hälfte der Fünft- bis Zehntklässler.

Anlass für die spontane Umfrage war der Zusammenbruch eines Schülers mitten im Unterricht – wegen Unterzuckers.

»So geht es nicht weiter«, das stand für den Rektor fest. Er setzte sich in den Kopf, an seiner Schule einzurichten, was viele Eltern aus Zeitmangel oder anderen Gründen ihren Kindern nicht mehr bieten können: Einen gesunden, ruhigen und gemeinsamen Start in den Morgen.

Er war sich sicher, dass viele seiner 260 Schüler das Angebot annehmen würden, denn einen Mittagstisch zum Preis von 1,50 Euro pro Schüler hatte er bereits seit über vier Jahren etabliert. Und dabei festgestellt: Für manche Familien ist selbst das noch zu teuer. Seitdem unterstützt die Münchner Tafel dieses Angebot und macht es möglich, dass mittags jeder Schüler gesund satt wird – auch, wenn er nicht zahlen kann oder das Geld heimlich lieber in fettige Kartoffelchips investiert hat.

Das Frühstücksangebot sollte vor diesem Hintergrund für die Schüler kostenlos sein. Martin Winter bat das Schulreferat um Hilfe. Und mit Geld der Kinder- und Jugendstiftung der Stadt München bietet die Wörthschule nun seit den Osterferien jedem Schulmorgen von 7.15 bis 7.55 Uhr ein gemütliches, liebevoll hergerichtetes und betreutes Frühstück an. Immer mehr Schüler stehen dafür gerne etwas früher auf – bis jetzt sind es etwa 35 jeden Morgen. Der Zulauf wächst, doch das zur Verfügung gestellte Geld der Stiftung ist aufgebraucht. Es drohte das Aus für das Projekt mit Vorbildcharakter – doch in letzter Sekunde sprang jetzt eine Anwaltskanzlei ein, die mit regelmäßigen Spenden helfen wird, das Schulfrühstück zu einer Dauereinrichtung zu machen. Betreut und organisiert wird es vom Kinderschutz und Mutterschutz e.V., der für die Sozialarbeit an der Schule zuständig ist und auch eigene Spendenmittel einbringt, um die Kosten von etwa 2.000 Euro pro Monat für Essen und Betreuung aufzubringen.

Dass das Geld gut angelegt ist, zeigt ein Besuch der Wörthschule zu früher Stunde: Der große Tisch in dem wie eine Wohnküche gestalteten Aufenthaltsraum, ist schon um Viertel nach sieben umlagert. Schüler aller Jahrgangsstufen, 90 Prozent von ihnen mit Migrationshintergrund, sitzen zusammen, essen ausgiebig und unterhalten sich leise. Manche trinken auch nur etwas Warmes; sie haben zu Hause gegessen, genießen aber die Möglichkeit, ihre Freunde schon zum Frühstück zu sehen.

Mit so einem Start in den Tag verläuft auch der Unterricht anders – das haben alle schnell bei sich selbst gespürt. Mehmet aus der neunten Klasse beschreibt die Situation so: »Früher habe ich die ersten beiden Stunden über nur auf die Pause gewartet – vor lauter Hunger. Jetzt kann ich mich auf das konzentrieren, was Thema ist.« Eva Mäkler

Artikel vom 19.06.2007
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