Leiter der Rütli-Schule besucht die Hauptschule an der Schleißheimer Straße

Milbertshofen · »Wir brauchen mehr Zeit!«

Expertentreffen: Der Leiter der Berliner Rütli-Schule Aleksander Dzembritzki (r.) traf sich gemeinsam mit Margarete Bause (Die Grünen) zum Erfahrungsaustausch mit Schulleiter Hans Greßirer. Foto: gf

Expertentreffen: Der Leiter der Berliner Rütli-Schule Aleksander Dzembritzki (r.) traf sich gemeinsam mit Margarete Bause (Die Grünen) zum Erfahrungsaustausch mit Schulleiter Hans Greßirer. Foto: gf

Milbertshofen · Am Ende zog Aleksander Dzembritzki ein knappes Fazit: »Uns bleibt einfach zu wenig Zeit.« Zeit – das ist das Stichwort, um das sich bei der kleinen improvisierten Expertenrunde am vergangenen Freitag, 27. April, in der Hauptschule an der Schleißheimer Straße irgendwie alles zu drehen schien.

Auf Einladung der Landtagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen kam der Leiter der Berliner Rütli-Hauptschule nach Milbertshofen zu Besuch. Tags zuvor noch referierte Dzembritzki im Rathaus zum Thema »Wir fordern unser Recht auf Zukunft – zur Perspektive der Hauptschulen«. Nur wenige Stunden später saß er dem Leiter der Hauptschule Schleißheimer Straße, Hans Greßirer, gegenüber um sich ein Bild vom Münchner Schulalltag zu machen.

Eilig macht er ein paar Notizen: »Rund ein Drittel unserer Schüler können wir nach ihrem Abschluss an den ersten Arbeitsmarkt heranführen«, sprudelt es aus Greßirer raus. Dzembritzki, bis zu diesem Moment gebannt den Ausführungen seines Kollegen lauschend, unterbricht kurz: »Wow!« Die Situation der Hauptschulen ist schwierig, darin sind sich beide Lehrer einig. Und auch sonst haben beide Schulen, Berlin und München, eine Menge Gemeinsamkeiten, wie Dzembritzki feststellte.

Trotzdem hat die Schule in der Hauptstadt noch zu kämpfen. Schließlich sei Dzembritzki, nach eigenen Angaben, bisher damit beschäftigt gewesen, wieder ein wenig Normalität in die Rütli-Schule zu bringen, die vor einem Jahr von den Lehrern medienwirksam »aufgegeben« worden war. Seither schwelt die Kritik am dreigliedrigen Schulsystem vor sich hin – das Image der Hauptschulen jedoch sackte radikal ins Bodenlose ab. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Margarete Bause, brachte es auf den Punkt: »Die Eltern setzen inzwischen bei ihren Kindern alles daran: ›Bloß nicht auf die Hauptschule!‹«

Viele fordern ein besseres Bild der Hauptschulen in der Öffentlichkeit. Sie sollten sich ein Beispiel an Dzembritzki nehmen: »Entscheidend ist der positive Ansatz!« Während Greßirer davon berichtet, dass ein Teil der Sprachförderstunden an seiner Schule inzwischen von Stiftungen finanziert werden und Sportangebote zusammen mit dem TSV abgehalten werden, fordert Dzembritzki bereits viel früher andere Ansätze: »Es wird Zeit, dass das Wort Migrationshintergrund aus den Köpfen der Leute verschwindet.« Da gäbe es eben Schüler, die mit mehr als einer Sprache aufwachsen – so etwas könne auch ein Plus fürs spätere Leben bedeuten. Ein Ansatz, der sich auch im Angebot der Milbertshofener Schule widerspiegelt: Beim Elternabend in türkischer Sprache lernten viele Eltern zum ersten Mal Struktur und Aufbau des Bayerischen Bildungssystems und damit auch mögliche Zukunftsperspektiven für ihre Kinder kennen, erklärte Greßirer. »Ja, die Elternarbeit, die kostet viel Zeit«, stimmte der Berliner Kollege mit ein.

Und die sei eben Mangelware. So schob Dzembritzki quasi zwischen Tür und Angel noch nach: »Eigentlich müsste das dreigliedrige System weg und mehr Ganztagesbetreuung her.« Dass diese Zukunftsvision nicht nur eine Frage der Zeit ist, sondern auch in der Finanzierung höchst umstritten ist, ist den beiden Schulleitern jedoch auch klar. G. Feind

Artikel vom 30.04.2007
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