Albrecht Ackerland über Praktikanten

München - „Da schau her“

Das macht Mut. Ich überlege ja tatsächlich schon länger, mir einen Praktikanten anzuschaffen. Bisher scheiterte mein Wunsch an moralischen Bedenken. Denn: ein Gehalt kann ich nicht bezahlen. Nun aber fühle ich mich christlich-sozial gestärkt. Nein – sich einen Praktikanten zu halten, ohne ihn zu bezahlen, ist nicht verwerflich. Er lernt ja etwas und soll froh sein, für diesen Service keine Gebühr zahlen zu müssen. Ja, lernen kann er viel bei mir, beruflich und überhaupt.

Das schon mal vorneweg: Ich bin Anhänger häufigen Konsums von Kaffee, und zwar eines solchen, dessen langgezogener Betonung auf dem „E“ liegt und nicht filterdeutsch auf dem kurzen „A“. Heißt: Die Zubereitung des leckeren Heißgetränks erfordert einigen Aufwand – einen doppelten Espresso mit zentimeterdicker Crema brühen, sanft die Milch aufschäumen, die beiden Flüssigkeiten so vermengen, dass im Glas dieser wunderschöne Farbverlauf aus milchweißen und mokkabraunen Tönen seine Pracht entfalten kann. Die richtige Wahl der Ausgangsprodukte darf hierbei genauso wenig vergessen werden wie das Finden des optimalen Mahlgrades der Kaffeemühle.

Das alles bedarf freilich einiger Übung. Richtiges Kaffee kochen ist Kunst und Wissenschaft. Manche Menschen verwenden ihr halbes Leben, um endlich den perfekten Braunen zaubern zu können.

Da ich sehr beschäftigt bin, schaffe ich es manchmal nicht, mein mir selbst gesetztes Pensum von sieben perfekten Braunen pro Tag zu erreichen. Aber: Kaffee braucht der Mensch. Einen Praktikanten würde ich mir allerdings – das habe ich hoffentlich überzeugend ausgeführt – nicht zum trivialen Kaffee kochen halten. Nein: Lernen ist das Ziel! Er – oder sie – entwickelt bei mir mittels häufiger Übung bei vorheriger professioneller Einweisung und unter Verwendung von besten Geräten den: perfekten Kaffee.

Mit einer solchen Chance biete ich vermutlich viel mehr als der Freistaat Bayern. Zwar kocht ein Freistaat-Praktikant sicherlich nicht nur Heißgetränke für gestresste Mitarbeiter. Wenn er es aber doch tut, dann bestimmt nur schrecklichen Filterkaffee. Ein Graus, den die SPD gerne mit 600 Euro entlohnt gesehen hätte. Daraus wird aber nichts, die CSU lässt den Sparfuchs raushängen. Und stärkt mir eben moralisch den Rücken! Kostenlose Arbeitskräfte braucht das Land! Ein Nörgler, der da von Ausbeutung spricht.

Habe ich Ihr Interesse geweckt? Möchten Sie schon bald der elitären „Generation Kaffee“ angehören? Dann bewerben Sie sich!

Artikel vom 01.03.2007
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