Der Freistaat zahlt manchen Praktikanten keinen Cent für ihre Leistung

München - Sprechen wir über Geld

Bei einem Praktikum geht es vor allem um Wissenserwerb – und nicht ums Geldverdienen. Eine kleine finanzielle Anerkennung aber sollten sich die meisten Arbeitgeber leisten können. Foto: Archiv

Bei einem Praktikum geht es vor allem um Wissenserwerb – und nicht ums Geldverdienen. Eine kleine finanzielle Anerkennung aber sollten sich die meisten Arbeitgeber leisten können. Foto: Archiv

München - Das liebe Geld ist für viele Praktikanten ein leidiges Thema. Besonders schmerzlich wird es für Hochschulabsolventen, wenn sie trotz abgeschlossener Ausbildung in einem Praktikum dieselbe qualifizierte Arbeit wie ihre fest angestellten Kollegen leisten – doch nicht dafür bezahlt werden. Die Hoffnung auf einen späteren Anstellungsvertrag sorgt dafür, dass sie sich dennoch auf eine solche Arbeitssituation einlassen.

Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) will solchen Strömungen ein Ende bereiten: er fordert bessere Rahmenbedingungen für Praktikanten, die ein Unidiplom in der Tasche haben. In Bayern hingegen ist nicht viel von solchen Plänen zu spüren, denn nicht einmal die Staatsregierung bietet Hochschulabsolventen ein anständiges Salär: Soeben lehnte die CSU den Antrag der SPD ab, Praktikanten des Freistaats künftig mit mindestens 600 Euro monatlich zu entlohnen.

„Die Politik kann den Unternehmen nicht vorschreiben, wie viel Geld sie ihren Praktikanten geben“, sagt SPD-Landtagsabgeordneter Florian Ritter hierzu. „Aber ich finde schon, dass die bayerische Staatsregierung diesbezüglich ein Vorbild sein soll.“

Doch: „Manche Praktikanten im Landtag bekommen kein Geld, manche 900 Euro im Monat – das ist doch seltsam“, wettert er. „Und vor allem ist es ungerecht: Daher verstehe ich nicht, warum keine einheitliche Regelung geschaffen wird.“

Er hatte die Staatsregierung aufgefordert, allen Hochschulabsolventen, die ein Praktikum beim Freistaat absolvieren, eine in allen Ressorts einheitliche Praktikumsvergütung zu bezahlen. Sein Antrag wurde abgelehnt – eine zufriedenstellende Begründung hat er nicht bekommen.

Gegenüber dem SamstagsBlatt hat sich Ingrid Heckner, stellvertretende Vorsitzende des Arbeitskreises für Fragen des öffentlichen Dienstes der CSU-Landtagsfraktion, dazu geäußert: „In den letzten drei Jahren waren insgesamt 33 Praktikanten mit Hochschulabschluss beim Freistaat Bayern tätig. Diese Praktikanten haben teilweise bis zu 900 Euro Praktikumsvergütung pro Monat erhalten, also mehr als die von der SPD geforderten 600 Euro“, sagt sie. „Generell aber sind in den einzelnen Ressorts keine Praktikumsplätze vorgesehen, nur vereinzelt werden Praktikanten aufgrund von Initiativbewerbungen beschäftigt. Es gibt dafür kein festes Budget.“ Soweit aber Finanzmittel vorhanden seien, würden die Praktikanten bezahlt. Auch Heckner selbst biete gehaltvolle Praktika an.

Doch: „Wir wollen nicht, dass durch eine Vergütungspflicht die Praktikumsmöglichkeiten für Hochschulabgänger beim Freistaat weiter eingeschränkt werden“, sagt sie. „Wenn eine Vergütungspflicht bestünde, könnten manche Ressorts mangels Budgets überhaupt keine Hochschulabgänger mehr als Praktikanten annehmen. Das ist nicht im Sinne der jungen Leute. Schließlich macht sich ein Praktikum bei der bayerischen Staatsregierung im Lebenslauf sehr gut, und man sammelt dabei wertvolle Erfahrungen.“ Gerade für Hochschulabsolventen, die den Berufseinstieg noch nicht geschafft hätten, sei dies eine große Chance.

Dennoch: ein Vorbild ist die bayerische Regierung mit ihrem Procedere nicht gerade. Der Praktikantenverein „Fair Work“ etwa rät grundsätzlich davon ab, als Hochschulabsolvent ein unbezahltes Praktikum zu beginnen – das sei reine Ausbeute. Anna-Maria Engelsdorfer dagegen, Berufsberaterin im Hochschulteam der Arbeitsagentur München, verteufelt solche Praktika nicht generell: wenn diese Wissenserwerb und Erfahrung mit sich brächten, dann sollte für den Bewerber das Geldverdienen nicht im Vordergrund stehen. „Wer sein berufliches Profil durch ein Praktikum schärft, darf, sofern er es sich leisten kann, auch mal ein unbezahltes Praktikum machen“, findet sie. Allerdings sollten Absolventen vermeiden, allzu viele Praktika ans Studium dranzuhängen: „Ein Dutzend Praktika sind nicht nur Spitze in Sachen Quantität. Sie erwecken auch den Eindruck, dass der Bewerber keine feste Stelle findet.“ Sprich: Wer gut ausgebildet ist, sollte alles daran setzen, eine richtige Arbeitsstelle zu finden – „und gegebenenfalls für den Anfang bei einer Zeitarbeitsfirma anklopfen.“

SPD-Mann Florian Ritter wird der CSU dennoch weiter auf die Finger schauen: Er kann sich allerdings gut vorstellen, dass die bayerische Regierung ihre Praktikanten in einem halben Jahr doch noch einheitlich entlohnt, und diese neue Regelung dann als ihre eigene Idee verkauft. „Das wäre zumindest für die Praktikanten eine gute Lösung.“

Von Nadine Nöhmaier

Artikel vom 01.03.2007
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