Stadt kämpft um Weiterführung der Diamorphin-Therapie für Heroinabhängige

Zentrum · Kick auf Krankenschein?

Maria Eichhorn, CDU-Drogenbeauftragte, hat in der psychiatrischen Abteilung der Uniklinik mit Heroinabhängigen über deren Lage gesprochen. Fotos: Archiv

Maria Eichhorn, CDU-Drogenbeauftragte, hat in der psychiatrischen Abteilung der Uniklinik mit Heroinabhängigen über deren Lage gesprochen. Fotos: Archiv

Zentrum · Heroin als letzter Ausweg für Heroinabhängige – dem gemeinen Bürger ist das erst einmal schwer zu erklären. Wohl auch deshalb ist die kontrollierte Heroinabgabe ein solches Streitthema. In München wird seit fünf Jahren einer kleinen Gruppe Schwerstabhängiger, bei der jede andere Therapie versagt hat, Diamorphin – also synthetisch hergestelltes Heroin – verabreicht.

Dass sich die Drogenkranken dies regelmäßig unter ärztlicher Aufsicht spritzen, gibt ihnen die Möglichkeit, ein geordnetes Leben zu führen. Die Stadt kämpft jetzt darum, dass die Diamorphin-Vergabe fortgesetzt wird – gegen den Willen der Bundes-CDU, die sich gegen den »Kick auf Krankenschein« sperrt.

Vergangenen Freitag lud Münchens Gesundheitsreferent Joachim Lorenz Maria Eichhorn, die Drogenbeauftragte der CDU-Fraktion im Bundestag, in die psychiatrische Abteilung der Münchner Universitätsklinik ein. Eichhorn bekam dort die Gelegenheit, mit drei der 17 Patienten zu reden, um sich ein Bild von ihrer Situation zu machen.

Die Diamorphin-Behandlung ist Teil einer Modellstudie, die 2002 von der rot-grünen Bundesregierung initiiert wurde. Außer München sind noch sechs andere Großstädte beteiligt. Die Studie wurde 2006 abgeschlossen, per Stadtrats-Beschluss wurde die Heroinabgabe aufgrund des öffentlichen Interesses bis 30. Juni verlängert. Wie es dann weitergeht, hängt von der Bundesregierung ab. Alle beteiligten Kommunen werten den Testlauf als Erfolg und fordern nun, die kontrollierte Heroinabgabe gesetzlich im Leistungskatalog der Krankenkassen zu verankern.

Eichhorn lehnt das ab, daran änderten auch die Gespräche mit den Betroffenen nichts. Zum einen sieht sie in einer Freigabe von Heroin ein falsches Signal mit Blick auf das Ziel, Drogenpatienten von ihrer Sucht zu kurieren. Ein anderer Grund ist die Kostenfrage: Die Diamorphin-Therapie ist viermal teurer als das sonst übliche Methadon-Programm. Außerdem wies Eichhorn darauf hin, dass der Nutzen der Diamorphin-Therapie noch immer umstritten sei: »Ich bin von mehreren Fachleuten angesprochen worden, die uns in unserer Ansicht bestärkt haben.«

Oliver Pogarell, Oberarzt der psychiatrischen Klinik, widersprach: »Die Grundaussage, dass die Therapie auf einen bestimmten Patientenkreis signifikant besser wirkt als die anderen Varianten ist unumstritten.« Lorenz drängte die Bundespolitik zu einer raschen Entscheidung. »Wir brauchen bis März Klarheit.« Außerdem forderte er vom Freistaat, einen finanziellen Beitrag zur Therapie zu leisten.

Die bereits in Behandlung befindlichen Patienten, die bei einer Absetzung des Diamorphins vor dem Nichts stünden, sollen in jedem Fall weiter versorgt werden, darauf hat sich auch die CDU geeinigt. Eichhorn kann sich als Grundlage dafür eine Anschluss-Studie vorstellen, in der weitere offene Fragen zum Thema erforscht werden. In begrenztem Maße könnten auch neue Patienten in die Therapie aufgenommen werden.

Birgit Gorgas, Leiterin der Münchner Drogenberatungsstelle, geht das nicht weit genug. Sie möchte die Diamorphin-Abgabe auf 50 Patienten ausweiten, sollte es doch zu einer Gesetzesänderung kommen. »Uns geht es auch um die 33 Menschen, die jetzt noch vor der Tür stehen.« Martin Hoffmann

Artikel vom 27.02.2007
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...