Dem Doku-Zentrum am Königsplatz werden wohl zehn Millionen gestrichen

München - NS-Aufarbeitung scheitert am Geld

Gemeinsam mit anderen Gebäuden ist die Musikhochschule ein Beispiel für die braune Vergangenheit Münchens. Daneben sollte ein Dokumentationszentrum über die Nazi-Jahre in München entstehen. Doch es fehlen zehn Millionen Euro. Foto: Archiv

Gemeinsam mit anderen Gebäuden ist die Musikhochschule ein Beispiel für die braune Vergangenheit Münchens. Daneben sollte ein Dokumentationszentrum über die Nazi-Jahre in München entstehen. Doch es fehlen zehn Millionen Euro. Foto: Archiv

München, die weltoffene Metropole mit Herz: So sehen sich die Stadt und ihre Bewohner am liebsten. Aber München hat auch eine dunkle Seite. In der NS-Zeit war die Landeshauptstadt die Brutstätte der nationalsozialistischen Bewegung. Mit diesen Schatten der Vergangenheit will sich die Landeshauptstadt mit dem Dokumentationszentrum auf dem Gelände der zerbombten NS-Parteizentrale auseinander setzen.

Doch dieses löbliche Ansinnen ist nun in akuter Gefahr am lieben Geld zu scheitern.

Offiziell ist zwar noch nichts, aber das Expertengremium, das Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) bei der Vergabe von Geldern für Gedenkstätten berät, hat empfohlen, dem Dokuzentrum den fest im Budget eingeplanten 10-Millionen-Euro-Zuschuss zu verweigern. Das Konzept der Gedenkstätte sei mangelhaft und unschlüssig, heißt es, außerdem sei der Gedenkstättenfonds für Orte gedacht, bei denen die Opfer und nicht die Täter im Mittelpunkt stünden.

Die Entwicklung lässt die Verantwortlichen und Förderer des Dokuzentrums schockiert und ratlos zurück. „Ich war einigermaßen überrascht“, fasst Klaus Bäumler (SPD), Vorsitzender des Bezirksausschusses Maxvorstadt und engagierter Verfechter des Zentrums, seine Gemütslage noch diplomatisch zusammen. Er hofft nun darauf, dass Minister Neumann sich über das Expertenvotum hinwegsetzt: „Das letzte Wort ist da noch nicht gesprochen, ich kann mir nicht vorstellen, dass sich der Bund da aus der Verantwortung begibt.“

Die Empfehlung des Expertengremiums ist für Neumann tatsächlich nicht bindend. Allerdings wäre es ein Präzedenzfall, wenn der Minister sich nicht danach richten würde – und es ist ungewiss, ob Neumann diesen schaffen will.

Tut er es nicht, bringt es das mühsam ausgehandelte Finanzierungskonzept des Dokuzentrums ins Wanken und das Projekt damit an den Rand des Scheiterns: 10 Millionen Euro sollten der Bund und der Freistaat jeweils aufbringen, weitere 14 die Stadt München, die auch die Trägerschaft und den Betrieb für das Zentrum übernehmen soll. Im Gegenzug stellt das Land Bayern das Gelände kostenfrei zur Verfügung. Die Zusage des Bundes wurde als Formsache empfunden, die Stadtoberen schienen sich so sicher, dass man sich noch vor Monatsfrist einen bizarren Kleinkrieg um die Frage lieferte, ob und wie man die Überreste des „Braunen Hauses“ in das Zentrum integrieren sollte.

Wie der drohende Absprung des Bundes kompensiert werden soll, steht in den Sternen. Wenn man an die zähen Verhandlungen zwischen Stadt und Freistaat zurückdenkt, ist kaum zu erwarten, dass eine der beiden Parteien noch mehr Geld locker machen wird. Bäumler bringt daher die Idee ins Spiel, einen Förderantrag an die EU zu stellen. Vorher sollten jedoch alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, um den Bund doch noch umzustimmen: „Wenn das Konzept wirklich Mängel hat, dann muss man da eben nachbessern. Das Zentrum soll und darf nicht daran scheitern.“ Von Martin Hoffmann

Artikel vom 22.02.2007
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