In dieser Serie stellen wir in loser Reihenfolge ungewöhnliche Nachbarn vor

München · Stadt-Bewohner

Zeigt die Begeisterung am Radio und hat sie auch selbst nicht verlernt – Wolfgang Sabisch.	Foto: dakö

Zeigt die Begeisterung am Radio und hat sie auch selbst nicht verlernt – Wolfgang Sabisch. Foto: dakö

München · Der Ausbildungssender M94.5 ist seine Berufung: Wolfgang Sabisch. In seinen früheren Jobs hat es Wolfgang Sabisch nie länger als sechs Jahre ausgehalten. In München mischt der Radiomacher aus Leidenschaft jetzt schon seit zehn Jahren die Radiolandschaft auf. »Und ich weiß nicht, warum ich damit aufhören sollte.«

In seinem Büro lehnt ein Bild des US-Schauspielers Robin Williams. Es zeigt Williams in seiner Rolle als Adrian Cronauer, Radiomoderator des Militärfunks in Vietnam, wie er liebevoll das Mikrophon bespricht. Der Film hieß »Good Morning Vietnam« und wurde 1987 gedreht. Wolfgang Sabisch, 54 Jahre alt, mag dieses Bild auch heute noch sehr. »Das ist für mich Radio. Da spricht jemand mit seinem Hörer, ganz direkt und leidenschaftlich. Man kann die Begeisterung richtig sehen.«

Seine eigene Begeisterung für das Medium Radio wurde maßgeblich von einem Mann geprägt, der heute gerne in Schlangenlederhosen und Rüschenhemden die Nation bespaßt. »Zu meiner Studienzeit habe ich an einer Dokumentation über Thomas Gottschalk mitgearbeitet. Mir gefiel seine Art zu moderieren, mir gefielen die Möglichkeiten die man mit dem Medium Radio hat. Seitdem wusste ich, dass ich Radio machen muss.« Die Dokumentation wurde nie gesendet. Sabisch hingegen begab sich auf seine berufliche Ochsentour.

Er arbeitete für den Bayerischen Rundfunk, lernte unter dem jetzigen Focus-Chefredakteur Helmut Markwort bei Gong 96,3, moderierte in Nürnberg, wurde Chef der Wortredaktion in Hannover und landete sogar als Nachrichtenchef und Moderator beim DSF, sein einziger Ausbrecher aus der Radiowelt. 1995 machte ihm die Bayerische Landesanstalt für Neue Medien ein Angebot. »Ich sollte einen neu zu gründenden Aus- und Fortbildungskanal leiten, in dem junge Menschen lernen können, Radio zu machen.« Sabisch nahm an und machte, unter anfangs widrigen Umständen, seinen jetzigen Sender M94.5 zu einer kleinen und dennoch respektierten Marke im Münchner Radiodschungel. »Am Anfang war es pure Anarchie«, erinnert sich Sabisch lächelnd. »Wir haben einfach die meiste Zeit improvisiert. Aber es hat funktioniert.« Der große Vorteil des Senders ist seine alternative Musikausrichtung. Während die anderen Sender mit den großen Charthits Quote machen mussten, konnten sich Sabisch und seine früheren Mitstreiter, die mittlerweile allesamt bei den großen Sendern untergekommen sind, auf die kleinen Klangperlen abseits des Mainstream konzentrieren.

»Am Anfang haben uns, glaube ich, nur die Taxifahrer gehört, weil sie genug hatten von dem Einheitsbrei der anderen Sender. Aber mittlerweile weiß ich, dass auch die anderen Sender und vor allem mehr Zuhörer uns einschalten, weil sie uns wirklich schätzen.« Aktuell arbeiten 170 Studenten aller Fachrichtungen unentgeltlich am Programm von M mit. Es ist ein professionell ausgerichteter Betrieb mit genug Freiheiten für Experimente. Und ein Full-Time-Job, der meistens auch nicht vor dem Wochenende halt macht. »Dennoch habe ich diesen Laden sehr lieb gewonnen. Der Sender erneuert sich ja ständig selbst, da Mitarbeiter kommen und gehen. Trotzdem habe ich im Laufe der zehn Jahre hier schon mehrere Freundschaften schließen können. Ich komme jeden Tag gerne ins Büro.

Und das ist eine immense Lebensqualität.« Wolfgang Sabischs Arbeit ist erfolgreich: täglich schalten knapp 10.000 Münchner den Sender ein, viele seiner ehemaligen Auszubildenden sind bei den großen Stationen gelandet, und im Sommer letzten Jahres konnte das zehnjährige Jubiläum mit einer großen Party in der Muffathalle gefeiert werden. »Manchmal kann ich gar nicht glauben, dass wir immer noch am Leben sind«, wundert sich Wolfgang Sabisch. Ursprünglich war die Lizenz für den Sender nur für zwei Jahre erteilt worden. Sie wurde schnell verlängert, doch im Jahr 2008 läuft sie aus.

»Ich gehe aber felsenfest davon aus, dass sie wieder verlängert wird«, sagt Sabisch. Dann blickt er wieder zu dem Bild aus »Good Morning Vietnam« und lächelt. »Es gibt einfach noch so viele Geschichten zu erzählen, die sonst niemand erzählt.« dakö

Artikel vom 21.02.2007
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