In der Cafeteria »Conviva« am Gasteig bekommen Behinderte eine Jobchance

Haidhausen · Ein Job für Lucas

Lucas (Mitte) und das Team der Cafeteria »Conviva« im Gasteig: Neun Behinderte haben hier die Chance auf einen Job in der freien Wirtschaft.	Foto: cba

Lucas (Mitte) und das Team der Cafeteria »Conviva« im Gasteig: Neun Behinderte haben hier die Chance auf einen Job in der freien Wirtschaft. Foto: cba

Haidhausen · Langsam und unauffällig läuft Lucas durch die Stuhlreihen. Stellt Cappuccinotassen und Sandwichteller auf sein Tablett, wischt den Tisch ab und rückt die Stühle zurecht. Ein Gast bedankt sich, ein schüchternes Lächeln huscht über sein Gesicht. Der 22-Jährige ist lernbehindert und arbeitet seit zwei Jahren in der Cafeteria »Conviva« im Gasteig.

»Ich bin für den Gastbereich zuständig und muss schauen, dass immer alles ordentlich aussieht«, erzählt Lucas stolz.

Dass Menschen mit Handicap eine Stelle im ersten Arbeitsmarkt finden, ist schwer. Die meisten landen nach der Schule in einer Behindertenwerkstätte. »Doch genau das wollen wir verhindern«, meint Elke Seyband, einer der beiden geschäftsführenden Vorstände der cba »Cooperative Beschützende Arbeitsstätten e.V.«. Ziel des 1985 gegründeten Vereins ist es, Menschen mit einer Lern-, geistigen oder psychischen Behinderung in den Arbeitsmarkt zu integrieren, um ihnen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

Diese Chance erhalten in der Cafeteria im Gasteig insgesamt neun junge Männer und Frauen – unbefristete, feste Arbeitsverträge und eine branchenüble Bezahlung inklusive. »Gerne würden wir noch mehr Arbeitsplätze schaffen, denn der Bedarf übersteigt bei weitem unsere Möglichkeiten«, so Seyband. So landen jeden Tag viele neue Bewerbungsunterlagen auf ihrem Schreibtisch. Schließlich sei die cba für einige Betroffene die »letzte Chance« auf einen Arbeitsplatz in der freien Wirtschaft. Nach einer Vorauswahl bekommen dann die meisten Bewerber die Chance, sich bei einem rund vierwöchigen Praktikum zu beweisen. »In dieser Zeit stellt sich dann heraus, ob derjenige für die Gastronomie geeignet ist«, erzählt Seyband. Denn »stressresistent« müssten die Mitarbeiter in jedem Fall sein. Gerade zu den Stoßzeiten mittags und abends sei hier schon mal die Hölle los und dann müsse einfach jeder »funktionieren«. Aber für das eingeschworene »Conviva«-Team alles kein Problem. »Sogar ein Liebespaar haben wir schon in unseren Reihen«, erzählt Seyband schmunzelnd.

Ein Erfolgsprojekt auf der ganzen Linie also: Begonnen hat alles, als die damals 36-jährige Bankerin Renata Neukirchen ihre Berufung als therapeutische Sozialpädagogin entdeckte und die cba gründete. Heute ist Neukirchen Geschäftsführerin von vier Betrieben mit rund 150 Mitarbeitern – davon 100 mit Handicap. Angefangen hat alles mit dem Umweltteam, das öffentliche Müllcontainer sauber hält. Dann kam die Gebäudereinigung »Putzblitz« dazu. Die beiden Vorzeigeprojekte der cba sind neben der Cafeteria im Gasteig auch noch das Restaurant im »Blauen Haus« hinter den Kammerspielen. Die Cafeteria versorgt neben den vielen Besuchern des Gasteigs auch die Musiker der Philharmonie mit frisch belegten Broten, Baguettes, Suppen, Gratins oder Quiches. »Deshalb wird bei uns in der Küche auch den ganzen Tag gewerkelt«, erzählt Seyband.

»Denn die Behinderten brauchen einfach für jeden Handgriff ein bisschen länger als die meisten anderen, sind nicht so belastbar und können sich Arbeitsschritte nicht so schnell merken.« Da ist Geduld und Verständnis gefragt. Und das bringen die zwei Anleiterinnen, die zu Stoßzeiten noch von Studentinnen unterstützt werden, jedem entgegen, der hier arbeitet. »Ich gehe jeden Tag gern zur Arbeit«, schwärmt auch Lucas, »aber die Spätschicht ist mir schon lieber, da kann ich so richtig schön ausschlafen.« Andrea Koller

Artikel vom 20.02.2007
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