Albrecht Ackerland über Tanzsport

„Da schau her“

Freilich sah das unfassbar albern aus: Walzer-Schritte in Skischuhen auf der Piste. Der Westtiroler Skiort Nauders am Reschenpass nennt sich neuerdings „Erstes Tanzdorf in den Alpen“, was erst einmal nach einem ordentlichen Schmarrn klingt, weil in ungefähr jedem Skiort in den österreichischen Alpen beim Après-Ski ein bisserl getanzt wird.

Nauders aber meint es ernst und hat für März einen im Alpenland prominenten Tanzlehrer engagiert: tagsüber zum Aufwärmtraining auf der Piste und abends zum Tanzkurs in der Mehrzweckhalle. Das alles kann der geneigte Urlauber pauschal buchen.

Der Lehrer heißt Ferry Polai, ein skurriles Manschgerl mit einer stattlichen Körpergröße von weit über 140 Zentimetern. So groß, wie die Skistöcke mancher Gäste. Nur ist der Polai – das muss man ihm lassen – viel unterhaltsamer als ein Skistock.

Um die Glanzidee vom alpenländischen Tanzdorf zu streuen, lud der örtliche Tourismusverband neulich einige Journalisten ein, die sich in ihren Skischuhen den Walzerversuchen hingeben durften. Es hatte etwas Medienkrisenhaftes. Trotzdem war die ganze Szenerie nicht so schlecht, wie das jetzt klingt. Verschneite Hochalpen zum Walzertakt – das hat schon was. Ich war aber feige genug, nicht mitzumachen, und ließ mich im lässigen Ausfallschritt aus dem Bild fallen.

Dabei musste ich an unser München denken, und wie wenig Sportliches hier doch gefördert wird. Gut, zwei große Fußballvereine machen eine sehr ordentliche Jugendarbeit, der Eishockeyverein auch, Handball ist sicher auch hier groß im Kommen. Was mir aber fehlt, ist ein morgendliches Aufwärmtraining auf dem Marienplatz. Im Walzerschritt. Oben auf dem Rathausbalkon steht der Ude und feuert an, unten ist der Platz von halb acht bis neun voll mit Tänzern, die sich fürs Büro aufwärmen. Dazu brauchen wir auch keinen Schnee. Und die Gefahr, dass das albern aussehen könnte? Ist doch super: So bekommen wir noch mehr Sympathie, das Unperfekte gefällt der Welt.

Eins, zwei, drei – eins, zwei, drei: So sportlich startet sonst keine Stadt in den Tag. Und die Fußballer von Sechzig? Müssen kommen! Dann klappt’s auch mit dem Aufstieg. Müsste der Schoko eigentlich eh wissen, als Österreicher.

Artikel vom 08.02.2007
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