60 Jahre Puppenbühne »Kleines Spiel« in der Neureutherstraße 12: Neues Stück

Schwabing · Wo Fisch auf Feder trifft

Axel Bahro (re.) und Thomas Schwendemann mit Wal de Mar. Foto: ms

Axel Bahro (re.) und Thomas Schwendemann mit Wal de Mar. Foto: ms

Schwabing · Federn aus Stahl und vom Vogel – und einen Elektromotor unter der Latexhaut: Wal de Mar ist ein Fisch mit detektivischen Fähigkeiten und der neue Star im »Kleinen Spiel« in der Neureutherstraße 12. Pünktlich zum 60-jährigen Jubiläum der Puppenbühne für Erwachsene geht für die derzeit gut 20 Mitwirkenden, vom 15-jährigen Schüler bis zum 83-jährigen Gründungsmitglied, ein jahrelang gehegter Traum in Erfüllung: ein Unterwasserstück und ein Krimi.

Und das ist die Eigenproduktion »Wal de Mar und die Wasserköpfe. Fisch trifft Mensch, Nerv trifft Seele«, die am Donnerstag, 8. Februar, 20 Uhr, Premiere feiert. Einlass ist ab etwa 19.40 Uhr. Reservierungen sind nicht möglich. Klein sind nämlich nicht nur die Puppen, auch der Raum: Platz ist nur für 60 Zuschauer.

Auch wenn heute nicht nur klassische Marionetten die Bühne bevölkern, sondern High Tech-Puppen wie Wal de Mar: Zwei Dinge haben sich im Kleinen Spiel seit sechs Jahrzehnten nicht verändert: noch immer sind die Puppenspieler, Figurenbauer und Sprecher ehrenamtliche Theatermacher. Und die Vorstellungen kosten keinen Eintritt. »Das soll auch so bleiben«, sagt Nicola von Otto. Da es keine regelmäßige Unterstützung gebe, etwa von der Stadt, außer mal auf Anfrage, sei die Bühne auf Spenden angewiesen. Da ist in letzter Zeit eine deutliche Zurückhaltung zu spüren, meint von Otto: »Pro Zuschauer landen durchschnittlich zwei Euro im traditionellen Zylinder. Das ist zu wenig.

Um die Existenz des Kleinen Spiels zu sichern, sollte einem der Abend so viel wert wie eine Kinokarte sein, also etwa 8 Euro.« Alle Mitwirkenden bekommen kein Geld, aber die laufenden Kosten müssen bezahlt werden und jede neue Inszenierung, die alle fünf Jahre ansteht, belaufe sich auf gut 2.000 Euro. Immerhin ist für die Räume nur ein symbolischer Obolus fällig. »Der Vermieter ist unser Mäzen.« Und das gilt wohl seit 1956, als das »Kleine Spiel« nach Stationen in der Georgenstraße, Ainmillerstraße und im Café-Trakt der Reitschule schließlich in den Keller in der Neureutherstraße 12 gezogen ist. Offiziell gegründet wurde die Minibühne am 7. Februar 1947 von Studenten.

Dabei gab es das Theater als Privatinitiative von Freunden bereits vor dem Zweiten Weltkrieg. Berühmtester Teil der Truppe war ab 1951 für 13 Jahre der Schriftsteller und damalige Germanistikstudent Tankred Dorst, der auch Stücke für die Puppenbühne geschrieben hat. Zum Repertoire gehörten später Brecht-Adaptionen, heute überzeugt das Theater mit Genre-Parodien wie eine Vampir-Revue oder jetzt einem Unterwasser-Krimi. Das »Kleine Spiel« zeige aber kein »verkleinertes Menschentheater«. »Eine Puppe kann einen Menschen nicht nachahmen, da verliert die Puppe immer«, sagt von Otto.

Heute arbeitet das Ensemble nicht nur mit klassischen Marionetten (200 hängen im Lager), sondern mit Hand- und Effekt-Stabpuppen, alles selbstgemacht. Die Bastelstube liegt praktischerweise neben der Bühne, so dass bei gerissenen Fäden während den Aufführungen Not-OPs stattfinden können. Der beste Freund des Puppenspielers sei ein Wärmepflaster, verrät Axel Bahro, auch im bürgerlichen Leben Puppenbauer und -spieler (»Käpt’n Blaubär«). Aber ob Kreuz oder Bandscheibe: »Die Schmerzen kommen gottlob immer nach der Vorstellung.« M. Schmid

Artikel vom 06.02.2007
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