Baby-Boom. Aber: Städtische Kinderbetreuungs-Angebote stecken noch in den Kinderschuhen

Münchner Kindl sind in Mode

13.033 Kinder wurden 2006 in München geboren. Leider gibt es nicht annähernd so viele Krippenplätze... Foto: clash

13.033 Kinder wurden 2006 in München geboren. Leider gibt es nicht annähernd so viele Krippenplätze... Foto: clash

398 Neubürger namens Marie – und 380 neue Maximilians gibt es seit vergangenem Jahr in der Stadt: So lauten die beiden häufigsten Namen, die junge Münchner Paare derzeit ihrem Nachwuchs geben. Maria, Sophie und Anna sind ebenfalls beliebte Namen, außerdem Alexander, Felix und Paul. 120 Münchner Eltern haben ihren Nachwuchs sogar Benedikt getauft, sicherlich dem Heiligen Vater zu Ehren.

In München herrschen – demographischen Horrorszenarien zum Trotz – Baby-Boom-Jahre: 13.033 Kinder wurden 2006 geboren – und weil die Sterbefälle rückläufig sind, wächst und verjüngt sich die Stadt. Bedauerlich nur, dass die Entstehung von Kinderkrippen-Plätzen nicht mit dem Geburten-Tempo mithalten kann.

Glaubt man hiesigen Stadträten, sind die Gründe für den unerwarteten Baby-Boom in familienfreundlicher Politik zu finden: „Es heißt doch immer, wer zweifelt, zeugt nicht. Die Münchner zweifeln eindeutig nicht“, sagt SPD-Stadträtin Brigitte Meier. Die Stadt sei gerade für junge Familien attraktiv: Wenn, wie hier, die finanzielle Zukunft gesichert sei, stelle sich der Wunsch nach Kindern ganz automatisch ein. Die „vielen kinderfreundlichen Angebote der Stadt“ würden die Verbindung von Beruf und Familie vereinfachen.

Menschen allerdings, die von Berufs wegen mit Kindern zu tun haben, stimmen nicht in den Jubel der Politiker ein. Annette Höck vom Bayerischen Hebammenverband beispielsweise sagt: „Die Stadt ermutigt junge Familien nicht gerade, hier zu bleiben: Die Mieten sind immer noch zu teuer, und einen Krippenplatz etwa für ein eineinhalbjähriges Kind zu finden, kommt fast einem Sechser im Lotto gleich.“ Sie räumt zwar ein, dass sich die Situation in „wenigen Stadtvierteln“ in den vergangenen Jahren etwas entspannt habe, „aber sie stellt sich längst nicht zufriedenstellend dar.“

Das soll sich, wie die Rathaus-Politiker beteuern, ändern: Im laufenden Jahr werden 480 neue Krippenplätze geschaffen, voraussichtliche Kosten: 21 Millionen Euro. Auch Kinder über drei Jahre sollen verstärkt versorgt sein: 2.270 Kindergarten- sowie 940 Hort- und Tagesheimplätze werden heuer fertiggestellt, verspricht Oberbürgermeister Christian Ude (SPD). Zum Beweis wurden gerade in dieser Woche die Mittel für eine neue Kinderkrippe in der Isarvorstadt bewilligt – 1,6 Millionen Euro. Bis Ende des Jahres soll der Bau von 36 Betreuungsplätzen in der Baumstraße abgeschlossen sein. Ferner forderte der Bezirksausschuss Altstadt-Lehel vor wenigen Tagen, das Sozialreferat solle aktiv nach Möglichkeiten suchen, Kinderkrippen in Zusammenarbeit mit hiesigen Unternehmen zu gründen.

Solche Bemühungen sind freilich lobenswert – bislang bewirken sie allerdings nicht viel mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein: momentan haben nur 9,8 Prozent der unter dreijährigen Münchner einen Krippenplatz.

Dazu kommt, dass auch die hohen Lebenshaltungskosten in der Stadt viele junge Familien vertreiben, wie Hebamme Annette Höck beobachtet: „Viele junge Leute kommen wegen des ersten Jobs nach München, verlieben sich hier, bekommen ein, vielleicht zwei Kinder in der Stadt“, sagt sie. „Aber das dritte Kind kriegen sie auf dem Land.“ Die Statistik scheint sie zu bestätigen: Denn trotz des Baby-Booms lebt nicht mal in jedem siebten Münchner Haushalt ein Kind, in mehr als 50 Prozent aller Haushalte wohnen hingegen Singles.

Und dann gibt es freilich die Haushalte, in denen mehrere Kinder leben. Hebamme Höck ist überzeugt, dass es im Gegensatz zu früher keineswegs mehr als „asozial“ gilt, mehrere Kinder in die Welt zu setzen. Im Gegenteil: „Bei manchen besser Verdienenden gehört es inzwischen sogar zum Lebensstil, dass drei oder vier Kinder aus dem Auto steigen“, sagt sie. „Sie können sich das leisten – und finden es schick, keine langweilige Zwei-Kinder-Durchschnittsfamilie zu gründen.“

Von Nadine Nöhmaier

Artikel vom 01.02.2007
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