Albrecht Ackerland über Stoiber

München - „Da schau her“

Ein richtiger Freund war ich nie von ihm, auch tut er mir nicht leid. Klar, von wem die Rede ist: Von unserem Ministerpräsidenten. Ja, dem amtierenden: Dr. Edmund Stoiber. Schließlich ist er es noch, zumindest bis Redaktionsschluss dieser Zeilen. Freilich ist es ein wenig traurig, wenn er nun bald scheidet, traurig für uns Schreiberlinge.

Denn seine sprachlichen Holprigkeiten, seine Unentschlossenheit, die unfreiwillige Komik in seinem Handeln und Sprechen, all diese stoiberschen Beigaben lieferten Themen für lustige oder wenigstens lustig gemeinte Texte. Themen, die einfach zu haben und zu verarbeiten waren. „Günstig hergehen“ heißt das im Fachjargon, oder „Steilvorlage“ – ein Begriff aus dem großen Feld der Fußballsprache, das Stoiber selbst so liebend gern beackert. Schon klar: Viele jener hämischen Texte über Stoiber waren nicht in der Champions League der klugen Unterhaltung zu verorten. Aber „günstig“ heißt eben auch manchmal „billig“. Doch hat das je gestört? Let’s go: Stoiber muss auf die Tribüne!

Es war heute wirklich schwer für mich, überhaupt noch etwas über unseren Ministerpräsidenten zu bringen. Aus der Redaktion hieß es: „Was? Stoiber? Ist ja wohl so was von durch, das Thema!“ Tatsächlich aber, so lautete meine Argumentation, muss man die Zeit genießen, in der man noch über ihn schreiben kann. In ein paar Monaten, wenn ein Wolfratshausener Rentner am Samstag seinen BMW poliert und den Rasen mäht, wo ist da die Bedeutsamkeit?

Vielleicht kommt aber alles doch ganz anders. Nein, ich meine nicht, dass er von seinem Rücktritt zurücktreten könnte. Aber vergangenen Samstag konnte man schon den möglichen neuen Stoiber erahnen, im Bayerischen Hof beim Deutschen Filmball: Ein Gigolo im Wiegeschritt! Bis nachts um zwei. Mit Veronika Ferres auf dem Parkett. Der Mann in seinen besten Jahren. Die perfekte Werbefigur. Für Doppelherz. Oder Tanzschuhe. Oder beides. Die reinste Lebenslust.

Deshalb glaube ich ohnehin, dass der Rücktritt früher als angekündigt kommt. Jetzt, wenn endlich Winter ist, erst recht. In Wolfratshausen gesellt sich zu BMW und Rasen nun auch Schnee. Der will geräumt sein. Sein Platz auf der Trainerbank auch. Die Dreierkette Huber-Seehofer-Beckstein wartet schon auf den Anpfiff. Danke Edmund. Es war schön mit dir.

Artikel vom 25.01.2007
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