In dieser Serie stellen wir in loser Reihenfolge ungewöhnliche Nachbarn vor

Stadt-Bewohner

Jugendbeamtin Martina Schedlbauer.	Foto: gw

Jugendbeamtin Martina Schedlbauer. Foto: gw

Maxvorstadt · »Ohne Uniform ist’s einfach lockerer«. Martina Schedlbauer ist Jugendbeamtin in der Maxvorstadt. »Wache« steht einfach und schlicht auf dem einzigen Klingelknopf in der Türkenstraße 3. Wer ihn drückt, wird durch zwei Türen in die Polizeiinspektion 12 vorgelassen, eine sachlich eingerichtete Amtsstube mit Aktenschränken, Schreibtischen mit Computern und dahinter Polizisten in Uniform. Nichts besonderes – wäre da nicht diese junge Frau mit den dunklen Haaren.

Leger in Jeans und Pulli gekleidet, passt sie irgendwie nicht hierher. Nur die Dienstwaffe im Halfter an ihrer rechten Hüfte verrät sie. Doch Martina Schedlbauer ist keine Undercover-Agentin – sie ist Jugendbeamtin in der Maxvorstadt.

Als solche ist sie zwar »ganz normale« Polizistin. Aber während Polizeiarbeit oft bedeutet, Straftaten zu verfolgen, versucht Schedlbauer, diese zu verhindern. Und zwar bei jenen, die noch gut dazulernen können: Mit ihrem Kollegen Peter Reinstadler ist sie jede Woche in Klassenzimmern, Jugendzentren und Kindergärten unterwegs – in zivil. »Ohne Uniform ist’s einfach lockerer«, sagt sie, »da kommen wir schneller mit den Kids in Kontakt«. Die Kinder und Jugendlichen in seinem Revier zu kennen, ist die halbe Miete für den Job als Jugendbeamter. Und die Kinder zu kennen heißt auch, über die neusten Trends oder die gerade angesagten Bands Bescheid zu wissen.

Schedlbauer ist erst 26 und damit selbst fast noch Jugendliche, mit dem Draht zu Kids und Teens hat sie kein Problem. Für die ist sie einfach »die Martina«. Und die Martina kann ihnen auf ziemlich alle Fragen rund um Verbotenes und Erlaubtes antworten. Was passiert, wenn man beim Ladendiebstahl ertappt wird? Was, wenn eine Rauferei zur Schlägerei wird und es Verletzte gibt? Oder wenn die Polizei einen 16-Jährigen nach Mitternacht in der Disco findet? »Die Kinder können uns alles fragen«, sagt Schedlbauer, »und wir beantworten auch alles.« Aber eins stellt sie immer klar: »Wir sind Polizisten. Und wenn wir von einer Straftat erfahren, dann müssen wir die auch verfolgen.«

Ein Beichtgeheimnis gibt es nicht, dennoch konnte sie sich in den letzten drei Jahren das Vertrauen vieler Kinder, Jugendlicher und junger Erwachsener erarbeiten – auch jener, die nicht immer gesetzestreu sind. Schedlbauer kennt ihre Pappenheimer – und die kennen sie. Wenn sie bei nächtlichen Jugendschutzkontrollen in Bars und Clubs »ihre« Kids ertappt, dann liegt das selten daran, dass sie das Jugendschutzgesetz nicht kannten. Denn den meisten hat sie, beziehungsweise ihr Kollege, schon mal erzählt, was geht und was nicht.

Eigentlich hatte Schedlbauer eine Ausbildung zur Erzieherin begonnen. Doch als die Zusage der Polizei kam, war klar: »Ich mach’s.« Zur Polizei wollte sie schon immer, das war ein »echter Traumjob«. Damals wusste sie nicht, dass ihre pädagogische Ausbildung sich noch lohnen sollte. Wie viele ihrer Kollegen in der Polizeiinspektion ist auch Schedlbauer nicht in München geboren und aufgewachsen, doch die Niederbayerin fühlt sich hier inzwischen sehr wohl. »Ich mag die ganze Stadt«, sagt sie. Und sie mag ihr Revier mit dem Englischen Garten und mit so viel Kultur, »vom Königsplatz bis zu den Pinakotheken«. Anders als manch einen Kollegen zieht es sie bislang nicht in ihre Heimat zurück. Die Großstadt verlassen und in die Ruhe ihrer Heimat, einem 800-Seelen-Ort in der Nähe von Straubing, zurückkehren? Vielleicht irgendwann. Aber sicher nicht so bald. Gecko Wagner

Jugendbeamte wurden 1970 eingeführt, bei der Münchner Polizei gibt es zwei in jeder Polizeidienststelle. Sie beraten Kinder und Jugendliche, klären besonders in Kindergärten, Schulen und Jugendzentren über die Folgen von strafbaren Handlungen auf und arbeiten in erster Linie vorbeugend, damit Kinder und Jugendliche gar nicht erst auf die schiefe Bahn kommen. Doch auch dann sind sie als Ansprechpartner da – nicht nur für junge Menschen, sondern auch für deren Eltern. Die Jugendbeamten der Polizeiinspektion 12, Türkenstraße 3, Martina Schedlbauer und Peter Reinstadler, sind unter Tel. 2 86 30-129 zu erreichen.

Artikel vom 15.11.2006
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...