Albrecht Ackerland über Radln

„Da schau her“

Seit jeher bin ich ein Freund des Sports. Ich trage sehr gerne sportliche Freizeitkleidung, nehme an vielen Sportveranstaltungen teil – meistens im Fernsehen: Bundesliga, Champions League, gerne auch Olympiade oder das wunderbare Curling. Nur Rad fahren interessiert mich nicht, obwohl ich eigentlich ein rundum interessierter Mensch bin.

Aber etwa die Aufregung um die Tour de France lässt mich sehr ruhig bleiben. Gut, da war was mit Doping und die Österreicher wollen einen Deutschen, der hier nicht mehr radeln darf. Aber ein schönes Tor in der Kreisliga finde ich unterhaltsamer.

Allerdings: Radeln, auch wenn es mich als Fernsehsportler kalt lässt, ist eine der wenigen Sportarten, die ich aktiv betreibe. Es gehört ja quasi zur Lebensart eines Münchners. Ich radle also viel, vorausgesetzt, ich besitze gerade ein Radl. Nachdem mir aber drei, vier City-Bikes gestohlen wurden, hatte ich für einige Zeit keine Lust mehr auf diese Art der großstädtischen Fortbewegung. Dann aber erlag ich dem Charme eines Oldtimers mit Standarte auf dem vorderen Schutzblech.

Die Freude währte aber nur kurz. Heute weiß ich, dass alte Herrenräder vollkommen überschätzt sind. „Das war noch Qualität!“ – ein einziger Quatsch. Der einzige Vorzug ist, dass ein solches Radl nicht ganz so gern geklaut wird. Meins zumindest nicht, denn es steht seit Monaten am Radlständer eines großen Münchner Verlags in der Innenstadt, überdacht und in einem nicht jedem zugänglichen Innenhof.

Es war auf dem Viktualienmarkt, an einem Juniabend gegen elf. Als Münchner fahre ich selbstverständlich hochgeschwindig über den Markt. Doch da kommen mir doch tatsächlich zwei Fußgänger in die Quere, ich bremse mittels Rücktritt – eigentlich eine elegante Art zu bremsen. Bei meiner Vollbremsung aber wickelt es diesen kleinen Metallbügel, der am Rahmen befestigt ist und das Hinterrad bei Pedalrücktritt abbremst, um die Achse des Rads. Mein Oldtimer wurde fahruntüchtig. Weil das Verlagshaus nicht weit ist, schleppe ich das Wrack dorthin.

Wahrscheinlich bleibt es auch dort. Denn seit kurzem bin ich Besitzer eines knallroten italienischen Rennrads mit kaum fingerbreiten Reifen. Ich habe es als Geschenk erhalten von einer goldschatzgleichen Frau.

Ausgefahren bin ich es aber noch nicht, obwohl es keine Rücktrittbremse hat. Aber wie Sie wissen, kommt ja zurzeit sehr viel Fußball im Fernsehen – so habe ich vor lauter Sport keine Zeit zum Sporteln. Schade eigentlich, aber der Frühling naht ja schon.

Artikel vom 02.11.2006
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...