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Fußballlieder in den Kammerspielen
München - Mit dem Herz in der Hand
„Wo ist ein Mann noch ein Mann?“ fragen die Kammerspiele. Foto: Andreas Pohlmann
Vorbei die Euphorie? War es alles ein großer, ledergewordener, runder Traum? Ein Sommermärchen in Deutschland? Vielleicht erinnern Sie sich noch an vergangenen Juni. Was da noch mal war? Gammelfleisch? Vogelgrippe? Umgekippte Badeseen? Ach so, nein: Fußball-WM!
Wer diesen einzigartigen Dauer-Gemeinschafts-Rausch vor wenigen Monaten nicht miterlebt oder zumindest mitbekommen hat, der muss wohl gerade tot gewesen sein. Und doch: Es fühlt sich so an, als sei das alles schon ganz lange her. So lange, dass es schon einen Kinofilm über die WM Nullsechs gibt. Sein turbokitschiger Titel: Deutschland – Ein Sommermärchen. Als sei es eine Meisterschaft im Tüllweitwurf gewesen. Da kommt der Liederabend an den Kammerspielen schon erdiger daher, und Rasen wächst nun mal auf Erde: „Männer“. Möge es die so erfolgreiche deutsche Nationalmannschaft der Fußballfrauen entschuldigen und all die unzähligen im Juni Fan-Gewordenen ohne Y-Chromosom.
Der Liederabend „Männer“ des umtriebigen Ex-Regensburger-Domspatz Frank Wittenbrinck müsste eigentlich schon recht abgelaufene Stollen haben, wurde er doch bereits 1997 am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg uraufgeführt. Damals war noch keine WM in Sicht. Wirklich nicht. Zum Großereignis Nullsechs dann pfiff Wittenbrinck das Rückspiel an – mit „neuen Männern“ an den Münchner Kammerspielen. Eine Erfolgsgeschichte folgte, fast zu vergleichen mit.... Ja, es reicht langsam, mit all den Fußballverweisen.
Aber, nein, noch nicht ganz. Schließlich sind da noch: eine laufende Champions League, eine laufende, äußerst spannende Bundesliga, eine laufende EM-Qualifiktion. Und: eben die Europameisterschaft. Und: Zweitausendzehn ist ja auch schon bald.
So wird also an den Kammerspielen munter weitergefragt, etwa auch Samstagabend, 14. Oktober: „Wo ist ein Mann noch ein Mann? Wo darf er noch leiden, weinen und feiern?“ Im Theater ja leider nicht mehr, zumindest nicht mehr ganz so oft feiern, wie es in der Antike wohl noch Brauch war. Aber, das Theater bleibt zumindest im Programm keine Antwort schuldig: „Im Fußballstadion! Hier geht es noch um die letzten Dinge: Liebe und Hass, Bier und Wurst, Sieg oder Niederlage, drin oder nicht drin, wir oder die.“
Franz Wittenbrinck zerpflückt Pop und Schlager und E-Musik zu einem großen liedgewordenem Budenzauber. Er selbst als Flügel-Verteidiger, neun Mannen im Sanges-Sturm. Darunter gesellt sich auch prominente Manndeckung: Miroslav Nemec alias Ivo Batic vom Tatort tritt ebenfalls auf den Kammerspiel-Rasen. Leider ohne Kollege Wachtveitl: Gute Freunde kann eben doch nicht niemand trennen. Nimmt dem Wittenbrinck-Abend aber nichts an Hochwertigkeit. Zum Vorfreuen. Zum Nachfreuen. Zum Freuen. Leiden. Lachen. Weinen. Nur gibt’s zum Pausensekt keine Wurst. Kammerspiele (Falckenbergstraße 2, Telefon 233-96600) Von Florian Falterer
Artikel vom 12.10.2006Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp
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