Herbstturbulenzen beim Münchner Bundesligisten

Gary Prior verläßt den EHC

Störenfriede und Mißerfolg: Coach Gary Prior zieht die Konsequenz und verläßt den EHC. Die Nachfolge ist noch nicht geklärt. Foto: Max Hägler

Störenfriede und Mißerfolg: Coach Gary Prior zieht die Konsequenz und verläßt den EHC. Die Nachfolge ist noch nicht geklärt. Foto: Max Hägler

„Ich bin es leid, gegen die Windmühlen innerhalb und außerhalb des Vereins anzukämpfen. Es herrscht ein fürchterliches Klima im Verein. Und das nach nur acht Spielen. Das kann ich nicht verstehen“, diktiert ein erstaunlich erleichterter Gary Prior ins Telefon. Keine drei Stunden zuvor hatten sich Prior, Vereinspräsident Jürgen Bochanski, Manager Christian Winkler, Vereinsvize Detlef Dörrié, Schatzmeister Herbert Aidlsburger und Sportbeirat Harry Birk getroffen um über die sportliche Situation des EHC München zu sprechen.

„Diese Leute haben mich immer unterstützt und alles für den Verein getan. Das kann nicht jeder von sich behaupten.“ In einer „super Atmosphäre“ reichte Gary Prior seinen Rücktritt ein. „Ich habe das aus freien Stücken getan. Ich möchte niemandem im Weg stehen. Ich kann die Mannschaft noch immer zu 100% erreichen, aber wenn es den Jungs auf dem Eis hilft, dass ich weg bin, dann gehe ich eben.“ Es ist ein reichlich ungewöhnliches Szenario: der freundliche Herr Prior räumt, natürlich ganz freiwillig, seinen Platz um dem geliebten Verein nicht weiter zu schaden. Das verstehe wer kann oder will. Wer glaubt, die Probleme beim EHC sind mit Priors Rücktritt beendet, der wird sich noch wundern. Suspendierung (Attenberger), Sponsorenkrach (wegen des Sensenmann-Maskottchens), Rauswürfe (Masseure): das sind nur die Symptome eines tiefer liegenden Problems. Erst wenn die Störenfriede – über die weder Prior noch Winkler sprechen wollen – auf Linie gebracht oder ausgeschlossen wurden, kann der Verein in dieser entscheidenden Saison zur Ruhe kommen. Das ist zumindest das Herbstfazit, wenn man zwischen den Zeilen liest. Priors Entscheidung kommt zum schlechtmöglichsten Zeitpunkt für den Verein. Die Bilanz von 16 Gegentoren in drei Spielen bei nur sechs eigens erzielten Toren spricht eine deutliche Sprache. Der Anhang des EHC ist sauer. Mächtig sauer. Schon zu Spielbeginn am vergangenen Sonntag gegen Schwenningen entrollten sie ein großes Transparent mit der klaren Ansage an Mannschaft und Management „Schluss mit lustig.“ Im Mitteldrittel hieß es dann: „Es muss sich was ändern – EHC: Fehler im System.“ Nach dem Spiel, das übrigens 3:6 verloren ging, gab sich Manager Christian Winkler kämpferisch und kündigte an, sich intern zu beraten. Eine Trainerdiskussion soll es zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht gegeben haben. „Ich war sehr überrascht von Garys Entscheidung, akzeptiere sie aber. Das muss ich ja“, fasst Teammanager und Ab-Sofort-Interimscoach Christian Winkler zusammen. „Wir hätten es gerne noch einmal mit Gary versucht. Ich bin immer noch von ihm überzeugt.“ Winkler hat nun die Aufgabe einen neuen Trainer aus dem Hut zu zaubern. Beim nächsten Heimspiel gegen Dresden will er den neuen Trainer schon präsentieren. „Mein Telefon läuft heiß. Wir haben fünf bis sechs Kandidaten. Aber noch ist es zu früh um etwas zu sagen.“ Hauptproblem: die meisten Jobaspiranten stecken selbst in Verträgen und zu diesem Zeitpunkt in der Saison ist beinahe niemand bereit seinen Coach herzugeben. Wie Gary Priors Zukunft aussieht ist unterdessen völlig offen. „Momentan plane ich weiter in Deutschland zu bleiben. Für wie lange und was ich dann tue, das weiß ich noch nicht.“ Seinem Nachfolger wünscht er viel Erfolg und Glück. Er wird es brauchen können.

Daniel Köhler

Artikel vom 10.10.2006
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