Fußballkneipe, Theaterbühne, Talentschuppen: das »Vereinsheim« in Schwabing

Schwabing · Bolzplatz für Experimente

Sorgen im »Vereinsheim« für Stimmung und wollen hier sogar neue Talente entdecken: Leo Gmelch, zuständig für das Musikprogramm, Alexander Liegl vom »Lustpielhaus«, Betreiber Till Hofmann und Rick Kavanian (v. li.). Foto: aha

Sorgen im »Vereinsheim« für Stimmung und wollen hier sogar neue Talente entdecken: Leo Gmelch, zuständig für das Musikprogramm, Alexander Liegl vom »Lustpielhaus«, Betreiber Till Hofmann und Rick Kavanian (v. li.). Foto: aha

Schwabing · Nach zehn Jahren Fernsehen und Kino, hochkomisch, aber keimfrei durch die Mattscheibe, will es Rick Kavanian wissen. Am 16. November feiert der 35-jährige Münchner und »Bully«-Partner mit seinem ersten Solo-Bühnenprogramm »Kosmopilot« Premiere im »Lustspielhaus«. Um keine Bruchlandung hinzulegen, hat der erfolgsverwöhnte Komiker mit armenischen Wurzeln seinen absurden Rollenmarathon vorab getestet – gleich nebenan im »Vereinsheim«, Occamstraße 8.

Ein neues niederschwelliges Angebot, ein Kulturtempel der anderen Art, den Kneipier und Fußballfan Till Hofmann zwischen seinen Etablissements in Altschwabing, »Lustspielhaus«, »Lach- & Schießgesellschaft« und »Café Ringelnatz«, pünktlich zur WM eröffnet hat.

Und zwar für alle. Es gibt keine Mitgliedschaft. Frauen sind auch willkommen. Trotz des maskulin orientierten Wohlfühlambientes mit Wimpeln und Bayerns Vierundsiebziger-WM-Helden wie Sepp Maier auf rustikaler Holzwand ist das »Vereinsheim« kein exklusives Refugium für gestresste Großstadtmänner – obwohl zu allen Übertragungszeiten der Bundesliga geöffnet ist, sonst täglich ab 18 Uhr. Augenzwinkernder Tribut an’s schicke Schwabing: der Stadionsnack Currywurst wird hier an Koriander gereicht. Ansonsten soll es spontan und volksnah zugehen. In der Münchner Kulturszene habe es sich jedenfalls »rasend schnell rumgesprochen«, sagt Hofmann, dass die neue Kneipe auch eine Bühne zum Experimentieren ist. »Hier darf ich was versemmeln, hier darf ich was Neues, was Eigenes schaffen. Das fühlt sich einfach gut an«, beschreibt Kavanian seine Erfahrungen beim informellen Probelauf. Und die Kneipenbesucher sind überrascht. Wie vor zwei Wochen beim Konzert von Birgit Denk mit dem Regensburger Kabarettisten Hannes Ringlstetter (»Schinderhannes«). Der bat Sportfreunde Stiller-Sänger Peter Brugger, der unter den 100 Gästen war, zu einem Spontanduo auf die Bühne.

Regisseur Helmut Dietl, Schauspieler Ottfried Fischer, Kabarettist Roland Düringer und Sänger Willy Astor waren übrigens auch mit von der Partie an diesem denkwürdigen Abend. Der war somit ganz nach dem Geschmack von Leo Gmelch, zuständig für das »Vereinsheim«-Musikprogramm. Aber nicht so sehr wegen des Promi-Auflaufs (wobei auch immer mal wieder Bayern-Spieler im »Vereinsheim« vorbeischauen, da Till Hofmann einen guten Draht zum FC hat). Sondern es wurde Gmelchs Vereinsheim-Vision real, bei der Theaterszene auf Film- und Kabarettszene, Schauspielszene auf Musikszene treffen soll, auf dass sich die Stile wild mischen. Oder kurz: »dass es ›plopp‹ macht beim Wortvortrag und plötzlich ein Musiker neben einem steht, der improvisiert.«

Das Vereinsheim könnte auch zu einer Art Trainigslager werden, um Nachwuchstalente zu entdecken, malen sich Hofmann, Gmelch und Kavanian aus. Wer sich fit fühlt, der kann einfach mitmachen, montags bei der offenen Bühne »Blickpunkt Spott« oder ab 26. November jeden Samstag bei »Konferenz goes Vereinsheim«. Passiven Genuss versprechen Veranstaltungen (Details unter www.vereinsheim.net) wie eine Lesung des ehemaligen Bankräubers Ludwig Lugmeier am 19. Oktober, Gerhard Henschels »Gossenreport« am 26. Oktober oder Willy Astor am 30. Oktober. A. Boschert/M. Schmid

Artikel vom 10.10.2006
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