Amtgericht entscheidet über Nachbarschaftsklage

Stolzer Hahn kräht zu laut

München · Krähender Hahn entzweit Nachbarn in Waldtrudering. Darf man in München (Hennen und) einen Hahn halten? Wie ist das morgendliche Krähen des Hahnes unter nachbarrechtlichen Gesichtspunkten zu sehen?

Hiermit hatte sich das Amtsgericht München, Streitgericht zu befassen. Der Kläger (Ende 40) ist vor 2 Jahren nach Waldtrudering gezogen und hat dort ein Wohnhaus gemietet. Einer der Nachbarn hält 20 Hennen und einen Hahn.

Das Krähen des Hahns störte den Kläger und er verklagte den Nachbarn auf Entfernen des Hahnes, hilfsweise auf solche Unterbringung, das eine von ihm ausgehende Ruhestörung des Klägers ausgeschlossen ist und beantragte, für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 100.000 DM festzusetzen. Der beklagte Nachbar beantragte natürlich, die Klage abzuweisen.

Die zuständige Zivilrichterin stellte fest: Dem Kläger steht kein Anspruch auf Entfernung des Hahnes zu (Hauptantrag), da die Haltung des Hahns rechtmäßig ist. Sie wurde nämlich verwaltungsrechtlich gestattet. Die Landeshauptstadt München hatte im August 1991 die Erlaubnis erteilt, dort einen Hahn und 20 Hennen zu halten. Damit ist die Haltung des Hahnes rechtmäßig und keinesfalls widerrechtlich im Sinn des Bürgerlichen Gesetzbuches.

Der Hilfsantrag (mehr oder weniger schalldichte Unterbringung des Hahnes) hatte ebenfalls keinen Erfolg. Dem Hilfsantrag steht die verwaltungsrechtliche Erlaubnis nicht entgegen, denn die Gestattung der Hühnerhaltung beinhaltet nicht gleichzeitig auch die Gestattung jeglicher Ruhestörung. Im Einzelfall kann der Halter eines Hahns dazu verpflichtet werden, eine Beeinträchtigung der Nachbarn zu den Ruhe- und Erholungszeiten durch geeignete Maßnahmen zu unterbinden. So lag der konkrete Fall jedoch nicht.

Der Kläger hatte das Wohnhaus zu einem Zeitpunkt gemietet, als die Hühnerhaltung bereits ausgeübt wurde. Dem Kläger war, wie die Beweisaufnahme ergeben hat, vor Abschluss des Mietvertrages die Hühnerhaltung auf dem Nachbargrundstück bekannt. Er war durch den Vermieter sogar auf die Hühnerhaltung hingewiesen worden. Dass seinerzeit die Existenz eines Hahnes nicht ausdrücklich erwähnt worden ist, steht dem nicht entgegen, denn jede Hühnerhaltung bedarf, das ist gerichtsbekannt, selbstverständlich eines Hahnes. Wer jedoch in Kenntnis der tatsächlichen Umstände einen Vertrag schließt, kann im Nachhinein nicht die Beseitigung eines ihn dann doch störenden Umstandes verlangen.

Unter diesen Umständen war natürlich keinerlei Raum, dem Beklagten ein Ordnungsgeld von bis zu 100.000 DM für das Krähen seines Hahnes anzudrohen. Die Klage wurde insgesamt abgewiesen.

Diesem Rechtstreit vor dem Zivilgericht war noch kein Schlichtungsverfahren nach dem Bayerischen Schlichtungsgesetz vorangegangen; die Klage war noch vor Inkrafttreten der entsprechenden gesetzlichen Regelungen erhoben worden.

Artikel vom 10.01.2001
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