Teure Zimmer und Gebühren: Für Münchens Studenten wird das liebe Geld zum leidigen Thema

München - Wohnst du schon?

Ob er sich für die Einführung von Studiengebühren päpstlichen Segen geholt hat? Wissenschaftsminister Thomas Goppel (CSU) kassiert von jedem Studenten künftig bis zu 500 Euro pro Semester. Foto: stmuk

Ob er sich für die Einführung von Studiengebühren päpstlichen Segen geholt hat? Wissenschaftsminister Thomas Goppel (CSU) kassiert von jedem Studenten künftig bis zu 500 Euro pro Semester. Foto: stmuk

Für viele der 14.000 Münchner Studienanfänger steht die schwierigste Prüfung nicht erst zum Semester-Ende, sondern bereits vor Studienbeginn an: Sie suchen eine bezahlbare Wohnung. Wie jedes Jahr übersteigt hier die Nachfrage das Angebot – und daher appelliert das Münchner Studentenwerk an alle Wohnungsbesitzer, Zimmer zu vermieten, und richtet Notquartiere für die ersten Wochen ein, „damit niemand unter der Brücke schlafen muss“.

So wichtig wie in diesen Tagen war es vermutlich noch nie für Münchens Studenten, ein günstiges Dach überm Kopf zu bekommen: Immerhin müssen sie ab dem nächsten Sommer auch noch Studiengebühren von bis zu 500 Euro pro Semester zahlen. Fürstliches Wohnen – das kann sich dann definitiv niemand mehr leisten. Leider aber ist günstiger Wohnraum rar in München: „Wir müssen einen enormen Engpass melden“, klagt Elisabeth Fogg, stellvertretende Leiterin der Abteilung Wohnen im Münchner Studentenwerk. Und das, obwohl unlängst 1.000 neue Wohnplätze in München entstanden sind, etwa im Albertinum in der Westendstraße.

Rund neun Prozent der 88.000 Münchner Studenten wohnen in den 8.100 Wohnheimplätzen des Studentenwerks, was sie monatlich 200 bis 320 Euro kostet, Nebenkosten und Internetanschluss inklusive. 550 neue Zimmer werden im kommenden Jahr hinzu kommen – doch das ist längst nicht genug: „Aktuell müssen Studenten ein bis vier Semester warten, ehe sie in ein Wohnheim ziehen können. Das ist ein großes Problem – vor allem für Erstsemester.“

Daher ziehen Neu-Münchner in vielen Fällen für die ersten Wochen auf die Couch ihrer Freunde – oder verbringen den lieben, langen Tag im Zug, um von ihrem Elternhaus zum Hörsaal zu pendeln. Ein kleiner Trost: „Der Wohnungsmarkt für Studenten entspannt sich erfahrungsgemäß spätestens im Dezember: Dann finden die meisten doch noch eine feste, bezahlbare Bleibe“, so Fogg. Wer allerdings weder eine Wohnung, noch einen alternativen Unterschlupf findet, dem hilft das Studentenwerk trotz Wohnraummangels weiter: „Unter der Brücke muss niemand schlafen“, versichert die Sprecherin. „Für Notfälle funktionieren wir einige Turnhallen zu Matratzenlagern um.“ Auch appelliert sie an Münchens Hausbesitzer, ihre Zimmer zu vermieten: am besten über die Privatzimmervermittlung des Studentenwerks, Telefon 0 89/38 19 61 66.

Vielleicht allerdings löst sich das Wohnraum-Problem auch von allein – nach der Einführung der Studiengebühren: „Viele werden ihr Studium deswegen abbrechen müssen“, befürchtet jedenfalls Andreas Pongratz, erster Vorsitzender des Allgemeinen Studierenden-Ausschusses (AStA) der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU).

Ab Sommersemester 2007 sind bei der LMU erst einmal 300, ab 2008 500 Euro pro Semester fällig, bei der FH und der TU München drücken Studenten bereits ab 2007 500 Euro ab. Was bei diesen Zahlen ausgeklammert ist: Zu den Gebühren kommen der Studentenwerksbeitrag (35 Euro), sowie Verwaltungsgebühren (50 Euro) pro Semester. Moritz Kelber, Fachschaftenreferent des AstA, ärgert sich auch über die so genannte „Besten-Regelung“: diese besagt, dass die jeweils zehn Prozent Besten eines Studienjahrgangs die Gebühren zurück bekommen werden. „Wieso aber sollen 90 Prozent der Studenten die besten zehn Prozent mitfinanzieren?“ fragt er. „Die Elite-Studenten sind doch genau die, die sich niemals finanzielle Sorgen machen müssen.“ Zudem könnten besonders Begabte ihr Studium ohnehin durch Stipendien finanzieren. Studenten aus sozial schwächer gestellten Familien hingegen hätten kaum eine Chance, zur Elite zu werden: „Wenn ich für mein Studium arbeiten muss, habe ich naturgemäß weniger Zeit zum Lernen.“

Ohnehin glaubt Kelber nicht daran, dass die Gebühren bessere Bedingungen für die Lehre schaffen, wie es vom Bayerischen Wissenschaftsministerium propagiert wird: „Mit den Gebühren müssen erst mal die gröbsten Mängel an den Unis beseitigt werden: In einigen Münchner Hörsälen kann man sich nicht einmal mehr hinsetzen, weil die Holzstühle auseinander fallen. Und auch die Bibliotheken wurden lange nicht gepflegt“, weiß der 23-jährige Jura-Student. „Ich rechne damit, dass die Gebühren frühestens in fünf Jahren in eine bessere Lehre gesteckt werden können. Bis dahin muss ausgemerzt werden, was die bayerische Regierung in den vergangenen Jahren vernachlässigt und versäumt hat.“

Von Nadine Nöhmaier

Artikel vom 28.09.2006
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