Die Lebensgeschichte einer Brücke

Freimann - Bis bald, Tatzelwurm!

So soll die Freimanner Hochbrücke „Tatzelwurm“ in drei 
Jahren  aussehen. 	Foto: ABDSB

So soll die Freimanner Hochbrücke „Tatzelwurm“ in drei Jahren aussehen. Foto: ABDSB

47 Jahre alt wäre der Tatzelwurm nächstes Jahr geworden. Doch seinen Geburtstag wird er wohl nicht mehr erleben. „Armer Wurm“ werden manche jetzt denken. Dafür besteht aber kein Grund. Beim „Tatzelwurm“ handelt es sich in diesem Fall nämlich nicht um ein bemitleidenswertes Tier, sondern um die Hochbrücke in Freimann, durch die die Autobahn A9 mit dem Föhringer- und Frankfurter Ring verbunden ist.

Wegen massiver Schäden soll die Brücke 2007 abgerissen und dann innerhalb von zwei Jahren komplett neu aufgebaut werden.

Zwischen Oktober 1958 und Juni 1960 gebaut, ist das Bauwerk ein Symbol für das deutsche Wirtschaftswunder und den Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg. Über 90 Prozent des Bauwerkes wurden innerhalb von einem Jahr erstellt. Um dies zu schaffen waren bis zu 700 Arbeiter sogar im Winter am Werk. Grund für die schnelle Fertigstellung war der Eucharistische Weltkongress der im Sommer 1960 stattfand.

Entstanden ist eine Brücke mit einer Länge von 580 Meter und einer Breite von bis zu 55 Meter. Damit hat die Brücke die Gesamtfläche von vier Fußballfeldern. Ungewöhnlich ist, dass sie jeweils eine Auffahrts- und eine Abfahrtsrampe hat. Beide Richtungsfahrbahnen und die Rampen sind aus einem Stück gebaut.

Doch der „Tatzelwurm“ ist in die Jahre gekommen. Die Stahlteile in der Brücke wurden beim Bau mit einer durchschnittlich 1,5 Zentimeter dicken Betonschicht ummantelt (heute üblich sind mindestens vier Zentimeter), die die Verrostung des Stahls nicht verhindern konnte. Der Spannstahl ist rissig geworden und durch jahrelange Salzstreuung ist die Substanz der Brücke angegriffen. Georg Schmid, Staatssekretär des Bayerischen Innenministeriums, sieht noch einen weiteren Grund: „Die Brücke liegt zentral und verbindet viele wichtige Straßen miteinander. Jeden Tag wird sie von bis zu 100 000 Autos benutzt. Das hinterlässt natürlich Spuren.“ Zwar soll die Brücke noch standsicher sein, aber seit Jahren muss sie mit zusätzlichen Pfeilern unterstützt werden. „Langfristig gesehen ist eine Instandsetzung wirtschaftlich nicht sinnvoll. Ein Neubau ist daher notwendig.“ erklärt Schmid.

In drei Jahren soll die Brücke komplett neugebaut und befahrbar sein. Er ersteht also wieder auf, der „Tatzelwurm“. Wäre ja auch schade gewesen, wenn die Brücke, deren Namensgeber ein Fabelwesen ist, für immer von uns gegangen wäre.

Einer alten Sage zufolge ist der Tatzelwurm ein Halbdrache mit schlangenartigem Unterleib und zwei prankenbesetzten Vorderbeinen. Die Autobahndirektion Südbayern vermutet, dass die Brücke „wegen der vielen Stützen (die Füße) und den Rampen (die Arme) zu ihrem Spitznamen gekommen ist.“

Der Bundestagsabgeordnete Johannes Singhammer (CSU) hat für den Brückennamen allerdings seine ganze persönliche Erklärung: „Die Brücke heißt wahrscheinlich so, weil sie sich so schlängelt.“ Begleitet von Armfuchteln und schlängelnden Handbewegungen erklärt er: „Wie dieses Tier, dieser Wurm. Mit zwei Fühlern und ganz vielen Tatzen. Der ,Tatzelwurm’ halt.“ Von Sara Austen

Artikel vom 31.08.2006
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