So oder so: Bis 15. August bleibt die Strandbar auf der Corneliusbrücke erhalten

Isarvorstadt · Kultur oder Kommerz?

Für »Urbanaut« David ist es »künstlerisch, Orte zu finden, die bis dahin den Menschen nicht aufgefallen waren« – etwa den Corneliusbrücken-Balkon.Foto: nan

Für »Urbanaut« David ist es »künstlerisch, Orte zu finden, die bis dahin den Menschen nicht aufgefallen waren« – etwa den Corneliusbrücken-Balkon.Foto: nan

Isarvorstadt · Die Strandbar an der Corneliusbrücke lässt keinen kalt. Die einen jubeln, dass ein solches Projekt endlich auch in München möglich ist, andere beschweren sich über ausufernden Kommerz. Weil nun an den entscheidenden Stellen Befürworter sitzen, ist es den Veranstaltern »Urbanauten« per Sondererlaubnis gestattet, bis Wiesnbeginn für ihren Sand öffentlichen Raum zu erobern.

Ursprünglich allerdings sollte dieser nur vier Wochen lang auf der Brücke bleiben, dann für weitere vier Wochen zum Maximiliansplatz und schließlich vor das Völkerkundemuseum wandern. Der Umzug aber war an den Einwänden der zuständigen Referate gescheitert; stattdessen hatte das Kreisverwaltungsreferat (KVR) die Genehmigung für den Brückenbalkon wieder und wieder verlängert – gegen den Willen des örtlichen Bezirksausschusses.

»Jetzt steht fest, dass wir bis 15. August an der Brücke bleiben; ab 18. August geht’s vor dem Völkerkundemuseum weiter«, kündigt Veranstalter Benjamin David an.

Er freut sich über diese Verlängerung, denn die Bar ist ein voller Erfolg: bei schönem Wetter kommen Hunderte von Gästen vorbei. Erstaunlich ist: »Wir hatten bis jetzt keine einzige Beschwerde. Im Gegenteil: Viele Anwohner kommen selbst vorbei«, wie David erzählt. Zudem besuchten viele Gäste nach Strand-Schluss um 23 Uhr noch die Kneipen in der Nachbarschaft. Der Strand scheint also ein Gewinn für alle zu sein.

Manche Gastronomen im nahen Gärtnerplatzviertel sehen dies anders: »Vor allem Lokale ohne Freischankfläche ärgern sich«, weiß Andreas Zappe, Mitbetreiber des »Zappeforster«. Das kleine Lokal an der Corneliusstraße hat zwar eine große Freischankfläche am Gärtnerplatz, und doch ärgert sich Zappe über den Strand, vor allem darüber, dass der Mantel »Kultur« hier den Kommerz überdeckt – und Tore öffnet, die anderen verschlossen bleiben: »Wo ist da die Kunst?«, fragt er. »Das ist nur ein einziges Klischee – hier wird ein bisschen Sand ausgekippt und Musik gedudelt. Ich sehe daran nichts Kulturelles, auch wenn manchmal eine Jazzband spielt.«

Und in der Tat präsentiert ein nicht gerade als Kulturradio bekannter Privatsender die Strandbar, und für die Gastronomie ist ein Wirtshaus zuständig, das seinen repräsentativen Stammsitz in der Leopoldstraße hat – und am Strand Getränke im oberen Preisniveau verkauft.

Das Künstlerische bestehe aber laut Veranstalter darin, Orte zu finden, die bis dahin den Menschen nicht aufgefallen waren. »Rückeroberung des öffentlichen Raums« nennt David das programmatisch. Eine Formulierung, die kürzlich im Kreisverwaltungsausschuss aufgegriffen wurde. Sogar KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle huldigte in der letzten Sitzung vor der Sommerpause den Veranstaltern, und Stadträte aller Parteien überschlugen sich mit ihrem Lob für das Projekt. Einwände vom Denkmalschutz wurden vom Tisch gefegt.

Dass im Stadtrat bald grundsätzlich über solche Sommer-Projekte diskutiert wird, die Stimmung sehr positiv gegenüber derartigen Konzepten ist, freut Zappe übrigens. Nur der scheinbar notwendige kulturelle Anstrich stört ihn: »Wertvoller und kunstvoller hätten andere ein solches Projekt gemacht, und zwar mit und trotz einer ehrlichen gastronomischen Absicht.«

Artikel vom 01.08.2006
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