In dieser Serie stellen wir in loser Reihenfolge ungewöhnliche Nachbarn vor

Stadt-Bewohner · »Ich bin ein bunter Hund« – Direktor des Deutschen Museums

»Nanoteilchen sind Zwerge, die Walzer tanzen«, so erklärt Wolfgang Heckl (47) die Biophysik. 	Foto: Archiv

»Nanoteilchen sind Zwerge, die Walzer tanzen«, so erklärt Wolfgang Heckl (47) die Biophysik. Foto: Archiv

München Zentrum · In seiner Arbeit beschäftigt sich Wolfgang Heckl mit den winzigsten Dingen, aber der Naturwissenschaftler ist auch ein Freund großer Worte. Der 47-Jährige Biophysiker ist nicht nur Professor an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, sondern seit zwei Jahren Generaldirektor des Deutschen Museums und einer der besten Rhetoriker im deutschen Wissenschaftsbetrieb.

Seine wissenschaftliche Welt besteht aus richtig winzigen Nanoteilchen wie das Erbmolekül DNA, für den Menschen nur mit einem Rastertunnelmikroskop zu sehen. Wie aus diesen winzigen Teilchen etwas größeres wie Zellen und schlussendlich Menschen werden können, erklärt er so: »Nanoteilchen sind wie Zwerge, die zunächst durcheinander toben, um plötzlich ihren Partnern die Hände zu reichen und zu den Klängen von Johann Strauß Walzer zu tanzen«.

Bei seinen Vorträgen hat er schon mal zur Verdeutlichung seiner Thesen Fußbälle oder Bilder von Marilyn Monroe dabei. Lohn der Mühe: Man hört diesem Mann, der komplizierteste Sachverhalte anschaulich erklären kann, ohne jedoch ein Clown des Physikbetriebs zu werden, gerne zu.

Diese Fähigkeit wurde dem Physiker, der sogar im Guiness Buch der Rekorde steht, weil er das kleinste Loch der Welt gebohrt hat, auch von höchster Stelle bescheinigt: 2002 bekam er den Communicator-Preis des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft. Und nicht nur für sein eigenes Museum engagiert sich der umtriebige Professor, in der vergangenen Woche hat er in München das Glanzstück wissenschaftlicher Diskussion eröffnet: Zwei Jahre lang hatte er das Euroscience Open Forum – kurz ESOF – vorbereitet, das vom 15. bis 19. Juli auf der Museumsinsel stattgefunden hat.

Über 2.000 Wissenschaftler und Journalisten trafen bei Europas größtem Wissenschaftskongress aufeinander und diskutierten über Terrorismus und internationale Sicherheit, demografische und biologische Alterung sowie über Ethikfragen zur Hirnforschung.

Der im oberpfälzischen Parsdorf geborene, aber seit seiner Studienzeit überwiegend in München lebende Wissenschaftler hat die Veranstaltung 2004 nach München geholt und ist der sogenannte Chairman der Tagung. Oder, wie er selbst sagt, deren »Fahnenträger«. Er hat durch seine Kontakte das Budget von insgesamt zwei Millionen Euro organisiert, hat Wissenschaftler davon überzeugt, nach München zu kommen und war für die inhaltliche Ausgestaltung der Tagung verantwortlich.

Und unermüdlich hat er dabei die Werbetrommel gerührt. Für die Veranstaltung. Für das Deutsche Museum. Für München. »Ich bin eben ein bunter Hund«, sagt er. Heckl ist einer, der mit seinen blauen Augen auch Laien aufmerksam zuhört, aber auch schnell zu verstehen gibt, wenn für ihn ein Thema abgehakt ist. Er ist ein Naturwissenschaftler, der seine bayerische Sprachfärbung nicht verhehlt, aber sich am Rande von Kongressen auch angeregt mit Politikern oder Managern über Kunst unterhalten kann.

Nicht zuletzt, weil er in der raren Freizeit selbst malt. Ein weiteres Hobby: Mit seiner Familie wandern. Doch selbst da vergisst Heckl seine Passion nicht: Menschen neugierig machen und die kompliziertesten Dinge anschaulich zu erklären. Bei wem könnte man das schließlich besser ausprobieren als bei seinen Kindern? Filippo Cataldo

Artikel vom 26.07.2006
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