Nationalsozialismus in München auf dem »ThemenGeschichtsPfad«

München · Aufmarschplatz und »Drückebergergassl«

Ehemals zentraler und beliebter Aufmarschplatz der Nazis: der Königsplatz. Foto: FVA, Alfred Müller

Ehemals zentraler und beliebter Aufmarschplatz der Nazis: der Königsplatz. Foto: FVA, Alfred Müller

München · München ist wie keine andere deutsche Stadt mit dem Aufstieg des Nationalsozialismus verbunden. Nach der Machtübernahme in Berlin war München nicht nur Schauplatz der nationalsozialistischen Selbstdarstellung, sondern auch Nährboden. Und der lokale Verfolgungs- und Unterdrückungsapparat war »vorbildlich« für den Rest des Reiches.

Am 9. November 1938 etwa war es die »Hauptstadt der Bewegung« (so der »Ehrentitel« von 1935), von der das Signal zur brutalen Aggression gegen die Juden ausging: Im Alten Rathaus begann mit einer Hetzrede von Propagandaminister Joseph Goebbels die Reichspogromnacht.

An diesen und weitere historische Orte des Nationalsozialismus in München führt der neue und erste »ThemenGeschichtsPfad«. Wie die KulturGeschichtsPfade, auf dessen Spuren man bereits Au-Haidhausen, Neuhausen-Nymphenburg, Pasing-Obermenzing und Laim entdecken kann und die es nach und nach für alle Münchner Stadtteile geben wird, führt auch dieser Rundgang entlang bedeutender Orte und ihrer Geschichte(n) in der Innenstadt.

Die Tour bewegt sich durch mehrere Stadtteile und spannt den Bogen von der Novemberrevolution 1918/19 über die Gleichschaltung und der Beginn der Verfolgungen nach der Machtergreifung bis zum Umgang mit dem nationalsozialistischem Erbe nach 1945.

Vom Marienplatz zum Königsplatz geht es an 49 Stationen – das dauert in einem Stück absolviert etwa 1,5 bis 2 Stunden zu Fuß und 45 Minuten mit dem Rad. Kleine petrolgrüne Schilder mit einem »t« markieren den Ort des Geschehens. Die Informationen dazu samt zahlreicher historischer Fotos finden sich in einer handlichen Broschüre, die es kostenlos in der Stadtinformation am Marienplatz sowie im Kulturreferat gibt.

Darin kann man etwa nachlesen, dass kein Ort in München so unmittelbar mit der NS-Bewegung und ihrer öffentlichen Selbstdarstellung verbunden war wie der Königsplatz. Zwischen 1933 und 1938 wurde das historische Ensemble aus dem 19. Jahrhundert zum zentralen Aufmarschplatz und kultischen Zentrum der NS-Bewegung umgestaltet. Dabei beleuchtet der Rundgang nicht erst die Zeit nach der Machtergreifung 1933, sondern behandelt auch den historisch-geistigen Nährboden, der der nationalsozialistischen Bewegung den Weg ebnete.

Die Empfänge etwa des einflussreichen Verlegers Hugo Bruckmann in seinem Wohnhaus am Karolinenplatz 5 ermöglichten Hitler den Aufstieg in das bürgerliche Lager. An den Schaltzentralen des gesellschaftlichen Lebens saßen auch viele Mitglieder der völkisch-rassistischen und republikfeindlichen Thulegesellschaft, seit ihrer Gründung 1918 mit Sitz in der Maximilianstraße 4.

Für passiven »Widerstand« steht die Viscardigasse zwischen Residenz- und Theatinerstraße. In Erinnerung an Hitlers Putschversuch 1923, der an der Feldherrnhalle beendet wurde und dann von der NS-Propaganda als heroischer »Marsch auf die Feldherrnhalle« umgedeutet wurde, war dort rund um die Uhr eine »Ehrenwache« postiert; von den Passanten wurde der »Hitlergruß« erwartet.

Viele Münchner nahmen deshalb den Weg durch die Viscardigasse, die deswegen im Volksmund »Drückebergergassl« hieß.

Artikel vom 19.07.2006
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