Albrecht Ackerland über Ruhestörung

„Da schau her“

Mein Nachbar ist eine Wohngemeinschaft. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie mich die manchmal aufregt. Eine Unverschämtheit ist das, wie die sich manchmal aufführt. Jetzt denken Sie wahrscheinlich: Ja, ja, immer diese WGs. Oder aber Sie denken: Mei, der Ackerland, so ein Spießer! Ein einziges Mal muss ich Ihnen aber jetzt sagen: Sie haben unrecht!

Die WG neben mir besteht nämlich aus zwei, sagen wir: Damen. Beide Ende fünfzig. Keine Ahnung, mit was die sich beschäftigen. Aber eines weiß ich: Sie müssen ein Gehör haben, wie es nicht mal eine Fledermaus hat. Ich brauch’ nur ein bisserl zu laut in der Nase zu bohren, und schon klingelt’s: „Herr Ackerland, das muss leiser gehen!“

Das ist die Kategorie Mensch, die nicht glücklich ist, wenn es nichts zum Beschweren gibt. Was machen? Den Damen raten, ihre WG aufs einsame Land zu verlagern? Dann brechen sie sicherlich einen Gerichtsstreit vom Zaun gegen einen armen Bauern, dessen Gockel drei Kilometer weiter kräht.

Zurück aber in die Stadt, in meinen Hinterhof: Ein normaler Ackerland muss nicht laut in der Nase bohren, aber er muss im Sommer auf seinem Balkon sitzen. Auch wenn’s manchmal später wird. Es sind ja sowieso nur gefühlte sieben bis zwölf Tage im Jahr, an denen das möglich ist. Und ein normaler Ackerland – wie jeder andere normale, weil genießerische Mensch auch – muss dabei ganz und gar nicht laut sein. Trotzdem findet sich – Sie wissen’s – immer jemand, dem es zu laut zugeht.

Ich fordere ein Verbot für Ruhestörung: Keiner soll die Ruhe derjenigen stören dürfen, die im Sommer im Freien sitzen und dabei in gemäßigter Lautstärke ratschen wollen.

Wenn mich die Nachbar-WG das nächste Mal besucht, schenke ich ihr um des lieben Friedens Willen eine Packung Watte für die Ohren. Gemeinsam mit dem Spruch „Leben und leben lassen!“ Und mit Ohrenwatte lebt es sich bestimmt auch nicht schlecht.

Artikel vom 13.07.2006
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