Stephan Stiens beherrscht die Gitarre und die Laute

Moosach · Auftakt zur zweiten Halbzeit

Moosach · »Denn die Musik früherer Jahrhunderte, auch wenn sie durch die Kunst der Interpreten ein gleichsam unvergängliches, auf jeden Fall aber neues Leben und bisher oft ungehörte Dimensionen gewinnt, schweigt sie doch zu vielem, was uns heute bewegt.«

Mit diesem Zitat von Hans Jörg Jans eröffnete der Gitarrist Stephan Stiens am Freitag, 7. Juli, sein Konzert »My Generation« im Pelkovenschlössl und somit die (wie er selbst mit einem Augenzwinkern bemerkte) »zweite Halbzeit« seiner Konzertreihe »Free Solo«.

Das Konzert bestand aus einem ausnahmslos hoch anspruchsvollen Programm aus den letzten zehn Jahren, bei dem sich der Gitarrist als ein wahres Allround-Genie entpuppte: Er stellte die fünf kaum bekannten Komponisten und Werke nicht nur vor, sondern setzte dabei auch noch schwer zu erreichende Maßstäbe, die schon beim ersten Werk, der »Paralipomena« von Detlev Glanert zu erahnen waren.

Diesmal präsentierte er sich aber nicht nur mit der klassischen Gitarre, sondern füllte den Konzertsaal auch noch mit den weichen Klängen der Renaissance-Laute. Und widerlegte mit den von Robert Schneider 2003 eigens für ihn geschriebenen »Vanished Days« viele Vorurteile, die manch einer gegen die Laute gehabt haben könnte.

Ein anderes Auftragswerk, das er an diesem Abend zum Klingen brachte war »A Southern Nocturnal« von dem Afrikaner Hans Huyssen und gab damit eine Kostprobe seines unglaublichen Gefühls für Rhythmus und Volkstümlichkeit.

Ganz anderer Art allerdings war »Y Una Cancion Desesperada« (wie ein verzweifeltes Lied) von Beat Furrer: Zusammen mit seiner Frau Ruth Fischer und Silvia Fuentes weckte er durch die sehr dissonanten Klänge und diffizilen Rhythmen und die gemeinsame Ausdruckskraft in einigen Zuhörern ein aussagekräftiges Bild von Verzweiflung und Rückhaltlosigkeit, in anderen eher Unverständnis, was auch eng im Zusammenhang mit der Komplexität des Stückes stand.

Bei diesem Werk führte er sein gesamtes Können zusammen: An dem Stück das nach seinen eigenen Angaben »an Grenzen geht« bewies er dem Publikum, dass es ihm durchaus möglich ist, alle gitarristischen Möglichkeiten und Unmöglichkeiten mit Bravour zu meistern. Aber nicht nur an ihn stellte das Programm hohe Anforderungen, auch vom Publikum forderte es vor allem großes Verständnis. Durch seine detaillierten und interessanten Erklärungen vor den Stücken, gelang es ihm, einigen Konzertbesuchern den Weg zu ebnen.

Mit seinen zwei Zugaben von dem spanischen Komponisten Turina gewann er noch einmal die Herzen des Publikums und lud damit zum nächsten Konzert am 4. August um 19 Uhr im Garten der Ruhe in der Borstei (bei schlechtem Wetter im Pelkovenschlössl) ein.

Amélie Hecht

Die Autorin Amélie Hecht (16) besucht seit September 2001 das musische Pestalozzi-Gymnasium in München. Zurzeit erstellt sie eine Facharbeit über das Thema »Musikrezensionen« im Leistungskurs Musik. Sie hat an verschiedenen Wettbewerben und Stipendien mit Flöte und Klavier teilgenommen (u.a. seit Oktober 2005 Stipendium für Meisterunterricht bei Prof. Robert Winn an der Musikhochschule Köln). Amélie Hecht hat seit September 1995 Klavierunterricht, seit Mai 1999 Querflötenunterricht.

Artikel vom 12.07.2006
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