Der nächtliche Notarztdienst wird in Bogenhausen probeweise eingestellt

Bogenhausen · Kein Anschluss unter 112

Ab 1. Juli ist erstmal Schluss: Der Notarzt wird nachts (24 bis 8 Uhr) nicht mehr vom Krankenhaus Bogenhausen ausrücken. Foto: KMB

Ab 1. Juli ist erstmal Schluss: Der Notarzt wird nachts (24 bis 8 Uhr) nicht mehr vom Krankenhaus Bogenhausen ausrücken. Foto: KMB

Bogenhausen · Wählt man die 112, geht man davon aus, dass man schnellstmögliche Hilfe bekommt – Tag und Nacht. In Bogenhausen und im nordöstlichen Münchner Umland wird sich die Versorgung allerdings ab 1. Juli wohl deutlich verschlechtern. Denn Anfang nächsten Monats wird vom derzeitigen Notarztstandort des Klinikums Bogenhausen (KMB) kein Notarzt mehr ausrücken.

Beschlossen wurde diese Maßnahme auf Basis des so genannten »Trust-Gutachtens«. In diesem Gutachten wurde festgestellt, dass nachts deutlich weniger Einsätze zu verzeichnen sind als tagsüber. »Außerdem gibt es in München deutlich mehr Notarzteinsatzfahrzeuge (NEF) als in anderen Ballungsgebieten«, so Prof. Christian Lackner, Hauptgutachter bei »Trust«.

Aufgrund dieser Feststellungen hat die Berufsfeuerwehr beschlossen, den Notarztdienst am Klinikum Bogenhausen (KMB) nachts vorübergehend (drei bis vier Monate) einzustellen. Das »Trust-Gutachten« stellte fest, dass München mit insgesamt elf Notarztstandorten bislang sehr gut versorgt ist. Die durch das bayerische Rettungsdienstgesetz vorgeschriebene Hilfsfrist von zwölf bzw. 15 Minuten kann so sehr gut eingehalten werden.

Dr. Richard Fisch, Notarzt im Klinikum Bogenhausen sieht die Einhaltung der geforderten Hilfsfrist nun in Gefahr: »Wir fahren von Bogenhausen auch sehr oft nach Ismaning oder Unterföhring. Da sind wir mit unserem spritzigen BMW-Kombi in wenigen Minuten vor Ort. Der große, fünf Tonnen schwere Notarztwagen aus dem Klinikum rechts der Isar, der alternativ in der Nacht eingesetzt werden müsste, braucht meines Erachtens mindestens fünf bis sieben Minuten länger. Und diese Minuten können für einen kritischen Patienten von entscheidender Bedeutung sein.«

Aus diesem Grund sind gerade die Gemeinden nordöstlich von München besorgt – schließlich entfallen 30 Prozent des Einsatzvolumens des Bogenhausener NEFs auf das Münchner Umland: »Wir haben die Abschaffung mit großer Bestürzung aufgenommen«, meint Franz Schwarz (SPD), Bürgermeister von Unterföhring. »Wir werden uns mit dem Rettungszweckverband in Verbindung setzen, um den status quo zu erhalten.«

Wolfgang Schäuble, Leiter der Berufsfeuerwehr sieht die Situation anders: »Der Notarztstandort am KMB wurde nicht willkürlich gewählt. Unseren Berechnungen zufolge hat der Wegfall des Bogenhausener Standorts geringe Auswirkungen auf die Hilfsfrist – und um die geht es schließlich.« Außerdem gebe es in München Überkapazitäten. Das habe das »Trust-Gutachten« deutlich gezeigt. Die Einsatzzahlen im Zeitraum zwischen 24 und 8 Uhr seien sehr niedrig. »Aus Effizienzgründen empfiehlt das Gutachten nun, Notarztstandorte abzubauen. Denn nur so kann man zukünftig Kosten einsparen«, führt Schäuble weiter aus.

Doch das finanzielle Argument lässt der engagierte Notarzt nicht gelten. Seiner Meinung nach kommt es durch die Abschaffung des Notarztdienstes zu keiner Kostenersparnis: »Der am KMB tätige Arzt wird vom Krankenhaus bezahlt. Das KMB wäre auch bereit diese Kosten weiter zu tragen.« Seiner Einschätzung nach könne es sogar zu höheren Kosten kommen, da die anderen Notärzte weitere Wegstrecken zurücklegen müssten. Eine abschließende Entscheidung scheint in diesem Fall noch nicht getroffen zu sein. Auch der Bezirksausschuss Bogenhausen (BA 13) wird sich dem Problem in seiner nächsten Sitzung annehmen.

Der Förderverein am KMB spricht sich allerdings klar gegen die »Nachtabsenkung« aus und stellt sogar in den Raum, dazu ein Bürgerbegehren zu initiieren. Georg Prinz, Vorsitzender des Fördervereins am KMB resümiert: »Für die Sicherheit der WM werden riesige Geldsummen aufgebracht. Aber für das Wohlergehen der Münchner und die Umlandbewohner ist plötzlich kein Geld mehr da. Das kann man einfach nicht hinnehmen.«

Artikel vom 13.06.2006
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